In einer Stellungnahme zum Planentwurf lehnen wir, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Lemgo den Neubau der B238 Ortsumfahrung Lemgo [aus sachlichen Gründen] ab. Sämtliche Planungen sind einzustellen.
Begründung
Insgesamt ist die Planung lückenhaft und unzureichend begründet.
Die Verkehrsuntersuchung ist defizitär und nicht aussagekräftig. Nachvollziehbare Daten zu Verkehrsströmen, Lärmwerten, Alternativmaßnahmen und Be-/Entlastungen fehlen. Lokale Entwicklungskonzepte werden ebenso wie nationale Entwicklungsziele ausgeblendet. Aussagen zu anderen Verkehrsträgern fehlen komplett.
- Die Annahmen zur Verkehrsentwicklung sind nicht nachvollziehbar.
Seit den Zählungen 2005 sind die Verkehrszahlen deutlich gesunken. Insgesamt werden die Ver-kehrszahlen in Lippe bis 2030 weiter zurückgehen (Quelle: Verkehrsprognose BVWP). Auch die Einwohnerzahl Lemgos wird kontinuierlich sinken. Dennoch prognostiziert die Verkehrsuntersuchung eine Zunahme des Verkehrs, beim LKW-Verkehr sogar eine sehr deutliche Zunahme auf der B238. Dies ist wenig plausibel. - Die prognostizierten Entlastungen für die Anliegerstraßen der Innenstadt (Richard-Wagner-Straße, Gosebrede) sind viel zu gering.
Die aktuelle Verkehrsprognose sieht im Kernbereich der B238 alt nach heutigem Stand und für 2030 nur geringe Verkehrsentlastungen für PKW und LKW von unter 30 % vor. In anderen Bereichen der Innenstadt (B66) finden überhaupt keine nennenswerten Entlastungen statt; an der Herforder Straße ortsauswärts sind sogar moderate Zunahmen zu erwarten. - Das Projekt B238n ist nicht als Entlastung, sondern als Autobahnzubringer konzipiert. Diese Zielrichtung samt Begründungen ist verkehrs- und klimapolitisch schädlich.
Die Ortsumfahrung Lemgo ist als Zubringer zur A2 bei Bad Eilsen dargestellt und würde als Ausweichstrecke neuen Verkehr von der A2 anziehen. Dies widerspricht den Klimazielen der Stadt Lemgo, den motorisierten Individualverkehr bis 2030 um ein Drittel zu senken. - Die Planung relativiert neue Belastungen der Anwohner und der Einrichtungen im Norden der Innenstadt.
In der Abwägung werden Positiveffekte für die Bevölkerung an der B238 alt aufgeführt. Zusätzliche Belastungen im Wohnumfeld der neuen Trasse werden dagegen relativiert oder gänzlich übergangen. Das ist angesichts der stadtnahen Linienführung der OU B238 Lemgo nicht hinnehmbar. - Die Ortsumfahrung zerschneidet ein stadtnahes Erholungs- und Landschaftsschutzgebiet im Norden der Innenstadt.
Es kommt auf der gesamten Trassenlänge zu Beeinträchtigungen eines im Regionalplan als „Bereich zum Schutz der Landschaft und landschaftsorientierten Erholung“ dargestellten schutzwürdigen Freiraums1. Flächen des Naturschutzgebietes Ilse werden beeinträchtigt, Belastungen des gesetzliche Überschwemmungsgebietes der Ilse unzureichend bewertet. Verbindungswege für Rad und Fuß werden unterbrochen und nicht wiederhergestellt. - Die Artenschutzrechtliche Prüfung erfolgt nicht für alle Arten sach- und fachgerecht.
Insbesondere bei der Avifauna werden planungsrelevante Arten in der Prüfung nicht betrachtet. Beim Fledermausschutz bestehen zahlreiche Bedenken hinsichtlich der in den Maßnahmenblättern beschriebenen vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen.
1 Bezirksregierung Detmold (2004): Regionalplan „GEP Detmold – TA Oberbereich Bielefeld“, Blatt 18; Bezirks-regierung Detmold (2020): Entwurf Regionalplan 2040, Blatt 19/20.
Die Bedenken im Einzelnen
1. Bedenken zur Verkehrsuntersuchung (Anlage Nr. 21)
Kap. 2 Grundlagen – Grundsätzliche Defizite der Darstellung
1. Fehlende Datengrundlage
Die Verkehrsuntersuchung bezieht veraltete Straßenverkehrszählungen (SVZ) heran (2005/2010/2015). Die aktuellste Zählung ist aus dem Jahr 2015. Aktuellere „Strukturdaten“ (Kap. 3, S. 4) zur Verkehrsentwicklung jenseits des Datums von 2015 und abgesehen von Einwohnerzahlen fehlen. Damit liegt keine verlässliche Datenbasis vor.
Aus den vorliegenden Zahlen ist eine klare Abnahme der Verkehrsbelastungen im Untersuchungszeitraum (2005 – 2015) erkennbar. Diese Abnahme wird im Gutachten an keiner Stelle thematisiert.
Grundsätzlich zu bemängeln ist die unzureichende Datengrundlage zum Verkehrsaufkommen. In der Verkehrsprognose fehlen jegliche Angaben zum Anteil des Durchgangsverkehrs und zum Anteil des Ziel- und Quellverkehrs. Auch fehlen Informationen zu Tagesgangslinien und –spitzen. Frühere Gutachten und aktuelle Quellen2 zeigen einen hohen Anteil des Ziel- und Quellverkehrs in Lemgo; 12.263 Ein- und 10.580 Auspendler:innen nutzen täglich die Straßen der Stadt und dabei selbstverständlich auch innerstädtische Straßen. Der hohe Anteil des Ziel-Quell-Verkehrs zeigt, dass keine wirksame Entlastung durch die geplante Ortsumgehung eintreffen wird.
Aussagen über den induzierten Verkehr fehlen ebenfalls. Die für 2015 (8.200/10.600) bzw. 2030 prognostizierte Querschnittsbelastung auf der B238n liegt zwischen 8.400 und 11.000 Kraftfahrzeugen (S. 18). Diese Verkehrsprognosen werden an keiner Stelle mit Daten hinterlegt.
2. Fehlende Gesamtsicht der Einflussfaktoren Mobilität
Die prognostizierten Effekte übergehen zentrale Entwicklungen anderer Verkehrsträger. Die Prognose 2030 mit einer Zunahme des KfZ-Verkehrs ist daher klar infrage zu stellen und im Rahmen einer Gesamtdarstellung aller Verkehrsträger zu überarbeiten.
In der Studie werden einzelne Effekte angeführt, die angeblich zu einer Erhöhung des Verkehrsaufkommens beitragen könnten (im Gegensatz zur tatsächlichen Abnahme seit 2005). Hierbei handelt es sich ausschließlich um Straßenbauprojekte des BVWP. Verkehrsmindernde Faktoren werden dagegen an keiner Stelle aufgeführt.
- Es fehlen sowohl übergreifende Hinweise zu den Effekten eines veränderten Mobilitätsverhaltens wie auch ein konkreter Blick auf die projizierte Elektrifizierung der Bahnstrecke Bielefeld-Lemgo; aktuell ist die Verdopplung der Bus-/Bahnverbindungen geplant. – Auch der mögliche Weiterbau der Bahnlinie Richtung Osten (Begatalbahn nach Barntrup, Projekt Smart Railway) findet keine Berücksichtigung.
Schnellbusse zwischen Detmold und Lemgo als Zubringer für den Innovation Campus sollen laut Planungen des Kreises Lippe ebenfalls eine Verkehrsentlastung bringen.
Der geplante Lückenschluss des Radwegs an der B238 Richtung Kalletal wird nicht diskutiert, obwohl auch hier Einflüsse auf das Pendler:innenverhalten zu erwarten sind. Der Modal Split für Lemgo weist bereits 17 Prozent Radverkehr auf und soll weiter ausgebaut werden (bis 26 % bis zum Jahr 2030). - Es bleiben weitere laufende Leitkonzepte unerwähnt. Das Klimaschutzkonzept Lemgo sieht bis 2030 eine „Senkung des Anteils des MIV um ein Drittel am Modal Split“ vor (auf 45 %). Zugleich soll der Umweltverbund gestärkt werden.3 Die Stadt Lemgo hat mit Beschluss vom Dezember 2019 dieses Konzept auf den Weg gebracht und wird kontinuierlich Maßnahmen zum Erreichen dieser Klimaziele entwickeln.
Auch der Kreis Lippe versucht mit verschiedenen Projekten das multimodale Verkehrssystem auszubauen und vor allem den ÖPNV zu fördern. Eine weitere Perspektive bietet die Teil-nahme am Radnetz OWL. Das Radnetz OWL wird die Fahrradmobilität nachhaltig mit direk-ten, komfortablen und sicheren Radwegen zwischen den Orten stärken und den Anschluss zum ÖPNV schaffen. Hierfür ist ein Projekt im Rahmen der REGIONALE 2022 vorgesehen, an dem sechs Kreise und die kreisfreie Stadt Bielefeld beteiligt sind. All diese Bestrebungen wer-den zu einer Veränderung des KfZ-Anteils im innerkreislichen modal split führen.4
2 https://www.vm.nrw.de/verkehr/strasse/Strassenverkehr/Daten_und_Fakten/MFV041319_Broschuere_Mo-bilitaet_in_NRW_RZ_Web_150dpi.pdf (2019) <1.3.2021>.
3 E+U Energiebüro: Aktualisierung und Fortschreibung des Integrierten Klimaschutzkonzeptes Lemgo. Bielefeld 2019. https://www.klimaschutz-lemgo.de/wp-content/uploads/KSK-Lemgo-Endbericht.pdf
4 https://www.urbanland-owl.de/projekte/die-neue-mobilitaet/multimodales-verkehrssystem-lippe/;
https://www.zukunftskonzept-lippe.de/2021/02/12/aufgesattelt-kreis-lippe-beteiligt-sich-am-radnetz-owl/ <1.3.2021>.
Auch die Nachhaltigkeits- und Klimaschutzziele des Bundes finden keine Berücksichtigung.
Kap. 3-6 Analyse- und Prognose-Szenarien
1. Fehlende Entlastungswirkung
Die prognostizierten Entlastungen für die Innenstadt (Richard-Wagner-Straße, Gosebrede) sind nicht ausreichend, um den Straßenneubau zu begründen.
Die Verkehrsprognose sieht im Kernbereich der B238 alt (Richard-Wagner-Str./Gosebrede) nur geringe Verkehrsentlastungen von unter 30 % im Analyse- und im Prognose-Fall 2030 vor (S. 8/18). Die Aussage des Gutachters (u.a. S. 25, Kap. 8), die B238n würde zu „deutlichen Be-lastungsrückgängen“ an der Richard-Wagner-Straße führen, ist damit deutlich zu relativieren. Lediglich im Bereich der Rintelner Straße (Friedhof, Klinikum) sind Entlastungen über 40 % prognostiziert.
An der Ostwestfalenstraße L712 liegen die im Analyse-Fall B238n erwarteten Werte sogar leicht über den Werten der Analyse-Nullfall. Den dortigen Verkehrsproblemen wird also keine Abhilfe geschaffen.
Damit bestätigt sich der Befund der ersten Untersuchungen Anfang des Jahrtausends. Schon im Linienbestimmungsverfahren wurde 2003 für die am stärksten betroffene Straße Gosebrede keine spürbare Entlastung erreicht; der Lärmaktionsplan Lemgo von 2013 und 2020 sieht mit Zeithorizont 2025 sogar nur 24 % Entlastung für den gesamten Bereich vor, dies entspricht 1,5 db/a.5 Erst ab einer 50%-igen Entlastung (ca. 3 db/a) ist aber überhaupt von einer wahrnehmbaren Lärmminderung auszugehen – auch der Landesstraßenbetrieb Straßen.NRW setzt diese Größe als Maßgabe für verkehrsrechtliche Maßnahmen an: „Einer Geschwindigkeitsreduzierung zur Lärmminderung wird seitens des Straßenbaulastträgers nur dann zugestimmt, wenn sich eine Reduzierung um 3 dB(A) erzielen lässt (Lärmaktionsplanung 2019, Stufe III, Alte Hansestadt Lemgo, S. 22/23 und 25).
Dasselbe gilt für den LKW-Verkehr. Die LKW-Belastung auf der B238 im Bereich Gosebrede nimmt nur von 1.170 auf 900 LKW/24 h ab (-23 %). Dies unterstreicht einmal mehr die geringe innerstädtische Entlastungswirkung der B238n.
Die prognostizierte Zunahme des LKW-Verkehrs für den Prognose-Fall 2030 erscheint deutlich überhöht. Eine Begründung dieser Zunahme erfolgt nicht.
Alle Verkehrsprognosen zur B238n OU Lemgo sind damit widerlegt. Die SVZ seit 2005 weisen einen Rückgang der Verkehrsbelastung an den zentralen Passagen auf; eklatant ist dieser Rückgang an der zentralen Achse Richard-Wagner-Str./Gosebrede (Zählstelle 39193446). Gegenüber den Zahlen der SVZ 2005 ist im Analyse-Nullfall hier ein Rückgang von 19,7 % feststellbar (21.798 → 17.500). Offenbar wurden bei der seinerzeitigen Linienplanung zu hohe Prognosen angesetzt: Zur Begründung der Umfahrung wurde 2004 vom Landesbetrieb Straßen.NRW eine Steigerung auf 25.000 KfZ für 2015 im Bereich Gosebrede prognostiziert – eine Zahl, die nie auch nur annähernd erreicht wurde. Stattdessen gab schon die Verkehrs-Stärkenkarte des Landes NRW 2010 für den Bereich Gosebrede 19.982 KfZ (DTV) an.6
5 „Die verkehrlichen Entlastungen werktags liegen an der B238 […] auf der Gosebrede bei ca. 26% […]“. Ministerium für Verkehr, Energie und Landesplanung des Landes Nordrhein-Westfalen/Straßen.NRW: „Neubau der B238 Westumgehung Lemgo – Nordabschnitt“, Nov. 2003, Projektinformation zur Planauslegung. - Lärmaktionsplan der Stadt Lemgo (Stufe II), S. 8ff. 10.5.2013, http://www.lemgo.net/3882.html (25.4.2016). Lärmaktionsplan der Stadt Lemgo (Stufe III), 28.4.2020.
6 Ministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, Verkehrs-stärken Nordrhein-Westfalen - Straßenverkehrszählung 2010 an den Straßen des Überörtlichen Verkehrs, Karte 1:250.000.
Die fehlenden Effekte für die innerstädtische Entlastung zeigen sich eindrücklich in der Knotenpunkt-Analyse 7.3 (S. 24f.): Die Ein- und Ausfahrt von der Rintelner Straße auf die B238n in/aus Westrichtung wird als minimal bzw. inexistent dargestellt. Offenbar würde also sämtlicher Innenstadtverkehr und selbst der Anliegerverkehr aus dem nahen Wohngebiet Spiegelberg weiter durch die Innenstadt fahren; ebenso wie der Verkehr von der B66, die folgerichtig kaum Entlastung erführe. Umgekehrt würde der bisher über die Rintelner Straße Richtung Nordost fahrende Verkehr auch wie bisher diesen Weg benutzen.
2. Fehlende Aussagekraft der für den Prognose-Nullfall 2030 berücksichtigten Strukturdaten (S. 14)
Die Verkehrsprognose 2030 geht von einer Zunahme des KfZ-Verkehrs aus. Diese Aussage ist grundsätzlich in Frage zu stellen. Auch die im Gutachten berücksichtigten Strukturdaten liefern dafür keine Anhaltspunkte. Die Erwähnung der B66n ist zu korrigieren.
Seit 2005 sind die Belastungszahlen der innerstädtischen Straßen zum Teil deutlich zurückgegangen (s.o.). Bis 2030 und darüber hinaus wird die Einwohnerzahl Lemgos und der umgebenden Kommunen sinken, wie es auch das Gutachten auf S. 14 ausweist (>5% im optimistischen Fall). Der in Aufstellung befindliche Regionalplan OWL geht für die Stadt Lemgo bis 2040 von einem Bevölkerungsrückgang von 11,8 % aus (Bevölkerungszahlen der Vorausberechnung von IT-NRW). Demografische Zuwachsraten ergeben sich lediglich im Großraum Bielefeld und damit im Westen des Kreises Lippe, während die Bevölkerungszahlen im für die B238n relevanten Einzugsgebiet Nordostlippe sinkt. Die dem BVWP 2016 zugrunde gelegten Verkehrsprognosen weisen daher auch auf sinkende Verkehrsbelastungen hin. Die Prognose 2030 (S. 56 BVWP) für den Kreis Lippe weist ein Verkehrsaufkommen von minus 10-0-% gegenüber dem Bezugsjahr 2015 aus (s.o.).
Die Verkehrsuntersuchung führt verschiedene „siedlungsstrukturelle Entwicklungen“ an, die den Rückgang der Einwohnerzahl mildern könnten. Direkte Effekte auf die Verkehrsentwicklung sind daraus nicht abzuleiten, zumal einige der Entwicklungen bereits stattgefunden haben.
Die städtebauliche Entwicklung konzentriert sich in den nächsten Jahren im Süden der Stadt mit der Hochschule OWL und dem Innovationscampus OWL sowie dem Wohngebiet Pahnsiek. Dorthin führt der Weg von Norden durch die Innenstadt und die B66/Bunsenstraße, von Westen durch die Innenstadt oder über die bereits gebaute Westumfahrung. Die geplante Nordumfahrung erfüllt hier keine Funktion. Auf dem Bruchweg B66 wird dementsprechend auch keine signifikante Entlastung ausgewiesen. Der angeführte Umbau von Großmärkten (Edeka in Brake, Toom, REWE und Aldi am Steinweg) ist bereits erfolgt, ebenso die Ergänzungen im Gewerbe- und Mischgebiet Schratwege. Zudem liegen sämtliche erwähnten Märkte ebenfalls im Süden der Stadt und haben höchstens einen marginalen Einfluss auf eine Nordumfahrung. Weitere Angaben für den Süden der Stadt sind nicht aufgenommen.
Der prognostizierte (derzeit vom Lemgoer Rat abgelehnte) Ausbau des GIB Lieme-West wird zwar als Faktor für eine positive Bevölkerungsentwicklung angeführt. Belastbare Zahlen werden aber nicht genannt (wobei die Effekte im Pendelverkehr der lippischen Kommunen noch näher zu erörtern wären). Zugleich wird für den Prognosefall kein signifikanter Zuwachs des Verkehrs auf der betroffenen GIB-Zubringerstraße L712 ausgewiesen – im Gegensatz zu den innerstädtischen Straßenzügen und trotz erwartbarer induzierter Verkehre. Offenbar erwartet das Gutachten also keine nennenswerten Effekte durch eine solche Entwicklung.
Die angeführten Straßenprojekte an der B239 sind in ihrer Wirkungsmacht zu hinterfragen:
- Für die B239n Ortsumgehung Lage → ist die Planfeststellung zunächst um Jahre ver-schoben. Die aktuellen politischen Mehrheiten im Kreis Lippe lehnen dieses Straßenprojekt gänzlich ab.
- B239n Lage-Bad Salzuflen → Die aktuellen politischen Mehrheiten im Kreis Lippe lehnen auch dieses Straßenprojekt in Teilen ab.
Das Projekt B66n Lage bis Lemgo wird im BVWP nur noch im „Weiteren Bedarf“ geführt. Daher darf es nicht berücksichtigt werden und ist aus der Verkehrsuntersuchung B238n zu entfernen.
2. Bedenken zum Erläuterungsbericht (Anlage Nr. 01)
Kap. 1.1 Planerische Beschreibung
„Mit der Ortsumgehung Lemgo im Zuge der B 238 kann der Durchgangsverkehr in Nord-Süd-richtung in Zukunft um Lemgo herumgeführt werden.“ (S.1)
Bedenken: Ein Teil des Nord-Süd-Verkehrs wird weiter durch die Innenstadt über die B66 Richtung Brake fahren. Dies geht aus dem kaum veränderten Belastungsbild sowie weiteren Verkehrsuntersuchungen der Stadt Lemgo aus dem Jahr 2018 zum Knotenpunkt Brake/Pagenhelle hervor.
„Außerdem bildet der fertig gestellte südliche Bereich der Westumgehung im Zusammenhang mit der bereits neu gebauten B 66 – Südumgehung Lemgo – auch ein Teilstück im Zuge der Ostwestfalenstraße (L 712), so dass dieser Verkehr Lemgo ebenfalls umfahren kann. Durch diese Sammel- und Verteilerfunktion wird es zu einer weitgehenden Entlastung des Ortskernes von Lemgo vom Durchgangsverkehr und von Teilen des Ziel- und Quellverkehres kommen.“
Bedenken: Die angeblichen Teilentlastungen vom Ziel- und Quellverkehr werden in der Verkehrsuntersuchung an keiner Stelle transparent dargelegt. Ebenso fehlen Auswertungen zum Umfang des Durchgangsverkehrs.
Ferner wird der aus Süden stammende Verkehr weiterhin schwerpunktmäßig durch die Innenstadt fahren – dies zeigen die zwischen Nullfall und Planfall nahezu unveränderten Werte entlang der Verkehrsachse Bruchweg/Bismarckstraße/Hamelner Straße (B66) sowie Pagenhelle im BVWP (2016) sowie die in der Verkehrsuntersuchung vorgelegten Vergleichswerte für die B66. Pull-Effekte durch die Stadt bestehen u.a. mit der Zufahrt zum Innovation Campus über die Bun-senstraße oder mit der Zentrumsnähe der Einkaufszentren Alte Post, Mittelstraße und Grevenmarsch.
„Zusammen mit den im BVWP ebenfalls als “Vordringlicher Bedarf“ eingestuften Ortsumgehungen von Hohenhausen und der im Jahre 2011 fertig gestellten Ortsumgehung Langenholzhausen sowie der neu gebauten Umgehung von Rinteln im Zuge der B238, steht den Verkehrsteilnehmern zwischen Detmold und der Autobahn 2 künftig ein durchgehender Straßenzug mit Umgehungen von Ortsdurchfahrten zur Verfügung. In Langenholzhausen be-ginnt die B514 an der B238, die eine Verbindung zwischen der B238 und der A30 schafft.“
Bedenken: Die Planung setzt die Trasse in den Kontext der Verbindung zur A2. Damit wird eine Nutzung als Ausweichstrecke von der A2 und dem Zubringer zur A2 in Aussicht gestellt. Eine Intensivierung des Verkehrs auf der B238 und eine verstärkte Nutzung durch den Schwerlastverkehr ist damit vorprogrammiert. Mit der Beschleunigung der Zufahrt Richtung A2 durch das Kalletal – die im Übrigen nur gering ausfallen wird – entsteht ein falscher Anreiz für induzierte (LKW-)Umfahrungs-Verkehre von der A2 durch den Lemgoer Norden in Richtung A2 bei Bielefeld. Dieser induzierte Verkehr wird vom Gutachter nicht deutlich quantifiziert. Ein solches Vorhaben ist aus verkehrs- und umweltpolitischer Sicht klar abzulehnen.
Zudem ist der angesprochene Nutzen selbst in Frage zu stellen. Die B238 in Richtung Hohen-hausen ist für LKW und Kfz durch temporeduzierte Fahrtstrecken und kurvige Straßenführung als Schnellverbindung nicht attraktiv. Die Ortsumfahrung Hohenhausen wird von der Kommune mittlerweile abgelehnt und steht langfristig nicht zur Verwirklichung an.
Für den Standort Lemgo ist die direkte und schnellste Verbindung zur A2 die Ostwestfalenstraße Richtung Lockhausen. Diese Verbindung ist vor allem für den Schwerlastverkehr aus Lemgo (v.a. Industriegebiet) relevant und bedarf keiner Ausweichroute. Die bestehende B238 wäre zudem selbst mit den geplanten Ortsumfahrung nicht in der Lage, den Anforderungen eines Autobahn-Zubringers angemessen zu dienen. Hierzu dienen eher die L712 (Ostwestfalenstraße), die B239 und – von Süden her – die B1.
Schließlich wird selbst von den einheimischen Unternehmen und Betrieben keine Notwendigkeit zum Bau der Ortsumgehung Lemgo und anderer neuer Straßen gesehen: In der „IHK-Standortumfrage 2015 – Regionalauswertung für Lemgo“ wird für das regionale und überregionale Straßennetz der Wert „hoher Zufriedenheit“ erreicht. Handlungsbedarf („hier ansetzen!“) wird dagegen für das Thema „Straßenzustand regional“ eingefordert.7 2019 zeigten die befragten Unternehmen Lippes ebenfalls eine höhere Zufriedenheit mit der Erschließung über Straßen, im Gegensatz zur Qualität der anderen Verkehrsträger wie Bus und Bahn (IHK Lippe-Detmold: Wirtschaftsstandort Lippe. Ergebnisse der IHK Standortumfrage 2019. Det-mold 2020, S. 8).
Es gibt keine ausreichende Problembeschreibung und Begründung der Dringlichkeit für den geplanten Bau der OU Lemgo, denn eine „eigenständige, verkehrliche Wirkung“ fehlt laut der Planung im BVWP.8 Darüber hinausgehende verkehrliche Wirkungen sind nicht hinreichend plausibel gemacht.
7 IHK Lippe-Detmold: Wirtschaftsstandort Lippe. Ergebnisse der IHK Standortumfrage 2015. Regionalauswer-tung für Lemgo. Detmold 2015, S. 6.
8 B238-G10-NW-NI-T1-NW TEIL (2.2): „Das Teilprojekt kann wegen fehlender, eigenständiger verkehrlicher Wir-kung nur im Gesamtprojekt bewertet werden.“
Kap. 1.2 Straßenbauliche Beschreibung
„Laut Verkehrsuntersuchung des Ingenieurbüros BSV, Aachen vom Oktober 2018, führt die Neubaumaßnahme zu einer deutlichen verkehrlichen Entlastung in der Stadt Lemgo.“
Bedenken (s.o.): Diese Aussage ist zu widersprechen: Es ist insgesamt von einer geringen Entlastungswirkung auszugehen. Lediglich auf den am wenigsten durch Wohnbebauung geprägten Teilen ist eine „deutliche“ Entlastung zu erkennen. Die Kerntrassen liegen bei Werten unter 30 und in Teilabschnitten sogar unter 10 Prozent. Die Entlastungen beim LKW-Verkehr fallen noch niedriger aus.
Kap. 2.4.2 Bestehende und zu erwartende Verkehrsverhältnisse
„Im Bereich Herforder Straße/Gosebrede kommt es aktuell (Verkehrsuntersuchung BSV, 2018) bei einer Verkehrsbelastung von 18.000 Kfz/Werktag zu erheblichen Beeinträchtigungen der Wohnqualität der unmittelbaren Wohnanlieger durch Lärm- und Schadstoffemissionen.“
Bedenken: Es ist nicht dargelegt, inwiefern diese Beeinträchtigungen durch die prognostizierte Reduktion 27 % (Gosebrede) tatsächlich sinken würden. Laut Lärmaktionsplan der Stadt Lemgo ist lediglich eine Abnahme von 1,5 db zu erwarten – ein Wert, den die Stadt an gleicher Stelle – in Bezug auf andere Entlastungsmaßnahmen – als unzureichend anführt, um eine spürbare Entlastung zu bewirken (diese gelte erst ab 3 db). Hinzu kommen die aufgrund künftiger E-Mobilität sinkenden Lärmemissionen des Kfz-Verkehrs und eine zukünftig zu erwartende Veränderung des Mobilitätsverhaltens (Klimaschutzkonzept Lemgo, Radverkehrskonzept, Modal-Split-Ziel). Ohne nachgewiesene Emissionsentlastung ist das Vorhaben nicht begründet.
„Der „Prognose-Nullfall 2030“ ohne B 238n berücksichtigt für das Prognosejahr 2030, außer der B238n – Ortsumgehung Lemgo, sämtliche geplanten Änderungen und Ergänzungen im Straßennetz, wie z.B. B 239n Ortsumgehung Lage und B 239n Lage bis Bad Salzuflen. Ferner wurden die strukturellen Entwicklungen in Lemgo wie z.B. Gewerbegebietserweiterung Lieme, Erweiterung Technologiezentrum an der Hochschule, Ergänzungen im Gewerbe- und Mischgebiet „Schratweg“, neue Wohngebiete und Einkaufsmöglichkeiten berücksichtigt.“
Bedenken: Die beschriebenen städtebaulichen Effekte sind nicht stichhaltig. In der Stellung-nahme des Planungsamtes Lemgo zum Linienbestimmungsverfahren (2000) wurden „eventuelle positive städtebauliche Effekte als unzureichend bezeichnet:“…die Verkehrsmengen bleiben so groß, dass etwa Rückbaumaßnahmen zur Verbesserung der Wohnqualität und weitere Verkehrssicherungsmaßnahmen kaum möglich sind.“ 9
Die Auswirkungen etwa der GIB-Erweiterung Lieme werden nicht transparent dargestellt. Gleiches gilt für die Auswirkungen der erwähnten neuen Wohngebiete und Einkaufsmöglichkeiten im Süden der Stadt Lemgo. Sie werden gerade den Ziel- und Quellverkehr in die Innenstadt statt auf die Nordumfahrung lenken. Dies alles stellt die prognostizierten Entlastungen infrage.
Die Verkehrsprognose übergeht schließlich sämtliche geplanten und erwartbaren Veränderungen im Bahn-, Bus- und Radnetz, sowie im Mobilitätsverhalten der Bevölkerung. Die genannten Bundesstraßenprojekte sind sämtlich politisch umstritten und eine Fertigstellung bis 2030 höchstens in Teilen zu erwarten.
9 Alte Hansestadt Lemgo, Amt für Stadtentwicklungsplanung Lemgo, Stellungnahme zur Linienbestimmung der Westumgehung Lemgo. 13.04.2000.
Kap. 2.5 Verringerung bestehender Umweltbeeinträchtigungen
„Durch die Führung der Umgehungsstraße abseits von dicht bebauten Bereichen mit teilwei-ser Anlage von Lärmschutzwällen und einer Lärmschutzwand werden die Immissionsgrenz-werte bei fast allen Wohnhäusern eingehalten.“
Bedenken: Die neuen Belastungen für die trassennahen Wohnviertel und den Erholungsraum der Nordstadt werden unter den „zu erwartenden Verkehrsverhältnissen“ (Kap. 2.4.2) nicht betrachtet. Damit entsteht ein verzerrtes Bild vermeintlicher Entlastung ohne Zusatzbelastung. Vielmehr wäre mit der Stadtplanung Lemgo (2000) von einer „siedlungsnahen Führung“ und damit verbundenen Einschränkungen für ca. 7.500 Menschen zu sprechen: „Die außerordentlich siedlungsnahe Führung behindert für große bevölkerungsstarke Wohngebiete den Zugang in das Naherholungsgebiet Ilse- und Radsiekniederung […] … von der Zerstörung des Naherholungsgebietes Ilsetal/Radsiektal sind gerade in den relativ dicht bebauten nordwestlichen Wohngebieten ca. 7500 Menschen betroffen.“.10
Der bloße Hinweis auf Lärmschutzmaßnahmen kaschiert die Verschlechterung des Lebensumfeldes und des Wohnwertes in den Bereichen Musikerviertel, Dewitzstraße, Sommerhäuschenweg. Der Hinweis auf bestehende Verkehrsbelastungen auf den Straßen gilt vor allem für bestimmte Tagesspitzen. Im Gegenzug aber würden neue Belastungen für Kindertagesstätten am Nordrand der Kernstadt entstehen (Kitas Dewitzstraße, Maulwurfshügel). Außerdem wird ein Teil der Kleingartenanlage an der Dewitzstraße überbaut. Dieser Bereich spielt für die Feierabenderholung der Bevölkerung eine zentrale Rolle.
Bedenken: Negative Straßenraumeffekte bleiben unberücksichtigt. Dies gilt insbesondere für die L958 Entruper Weg: Dort wird durch den geplanten Kreisel eine neue Einfahrt in die Innenstadt etabliert und neuer Verkehr induziert. Verschlechterungen durch weitere Gewerbeansiedlungen am Entruper Weg sind absehbar. Auch der Rad- und Fußverkehr an einer wichtigen Achse in den Lemgoer Norden wird erheblich beeinträchtigt. Die Alte Hansestadt Lemgo strebt eine Ausweitung des Radverkehrs bei gleichzeitiger Senkung des motorisierten Individualverkehrs an (um ein Drittel auf 45 %, Klimaschutzkonzept Lemgo 2019). Hier ist eine Neubewertung vorzunehmen.
Anregung: Der in Aufstellung befindliche Regionalplan OWL und das Handlungskonzept Wohnen der Alten Hansestadt Lemgo weisen für den trassennahen Bereich des Ilsetals nicht weniger als drei zusätzliche Allgemeine Siedlungsbereiche aus. Diese Bereiche müssten als potenziell belastete Bereiche in der Planung berücksichtigt werden.
Kap. 2.4.3 Verkehrssicherheit
„Nach den Angaben in der Straßeninformationsbank Nordrhein-Westfalen (NWSIB-online plus) ereigneten sich auf den Teilstücken der B238, die durch die Umgehung zukünftig ersetzt werden sollen, in den Jahren 2010 bis 2020 insgesamt über 100 polizeilich registrierte Unfälle.“
Bedenken: Diese Zahlen sind zu unspezifisch und müssten in Relation zu anderen Straßenzügen gesetzt werden. Die innerstädtische B238 wurde lippeweit nur 2011 und 2020 als Unfallschwerpunkt dokumentiert (www.polizei.nrw.de, Jahresberichte zur Verkehrsunfallentwicklung). Dagegen übergeht das Gutachten mögliche Gefährdungen auf überörtlichen, bereits unfallträchtigen Straßen durch ein erhöhtes, induziertes Verkehrsaufkommen. Lippeweit lagen Unfallschwerpunkte gerade an überörtlichen Teilstücken der B238 (Westumgehung Lemgo, B238 bei Bavenhausen) und an der Ostwestfalenstraße L712; Straßen, die durch den Bau der Nordumgehung Lemgo jetzt noch weitere Verkehre aufnehmen sollen. Im weiteren Verlauf der B238n Richtung Kalletal lagen seit 2011 weitere Unfallhäufungsstellen.11
Mögliche Maßnahmen zu höherer Verkehrssicherheit werden nicht diskutiert. Sei es auf Seiten der Bundesregierung (Abbiegeassistent) oder von Landes- wie kommunalen Behörden (Tempo 30, Nachtfahrverbot für LKW, veränderte Ampelschaltungen, …).
10 Alte Hansestadt Lemgo, Amt für Stadtentwicklungsplanung Lemgo, Stellungnahme zur Linienbestimmung der Westumgehung Lemgo. 13.04.2000.
11 Schwerpunkte 2015: B238 Kalletal bei Dalbke, Niedernmühle und Waterloo; 2014 B238 Kalletal, Elend, 2012 Westumgehung Lemgo, 2011 Kalletal, Elend. https://www.polizei.nrw.de/media/Dokumente/Behoer-den/Lippe/Jahresbericht_2015_Verkehrsunfallentwicklung.pdf und Vorjahre.
Kap. 4.5.3 Führung von Wegeverbindungen in Knotenpunkten und Querungsstellen, Zufahrten
„Die Wegebeziehungen für Fußgänger und Fahrradfahrer bleiben nach Umsetzung der Baumaßnahme bestehen bzw. werden wiederhergestellt.“
Bedenken: Die vorgelegten Planungsunterlagen widersprechen dieser Aussage. Einzelne Wege wie der Wirtschaftsweg Steinmüllerweg und der Wanderweg X3 (Cheruskerweg, ehemals „Entruper Kirchweg“) werden nicht wiederhergestellt. Dies widerspricht dem Ratsbeschluss von 2004, der den Erhalt aller Wegeverbindungen mit Brücken gefordert hatte. Der Steinmüllerweg bildet eine zentrale Zugangsroute ins Ilsetal und nach Entrup/Leese für Anwohner:innen aus dem Wohngebiet und dem anliegenden Altenheim St. Loyen, für Radpendler:innen und Erholungssuchende.
Anregung: Alle Wegeverbindungen sind ohne Verschlechterung für Nutzungen zu Rad und Fuß wiederherzustellen und entsprechende Brücken zu errichten.
Kap. 4.9 Öffentliche Verkehrsanlagen
„Auf der alten B 238, Rintelner Straße wird durch den Neubau die beidseitige Bushaltestelle „Quelle“ am Bauende bei ca. Bau-km 7+450 überplant. Die Haltestelle soll in Abstimmung mit der Stadt Lemgo verlegt werden. Ein neuer Standpunkt für die Haltestellen wurde noch nicht festgelegt.“
Bedenken: Die Verlegung der Haltestelle am direkten Zugang zum Wohngebiet Eben-Ezer verschlechtert die Mobilität der dort lebenden Menschen und beeinträchtigt ihre Teilhabe am öffentlichen Leben.
Anregung: Die Haltestelle ist ortsnah zu erhalten
3. Bedenken zum UVP-Bericht (Anlage Nr. 01)
Kap. 4.10. Voraussichtliche Entwicklung bei nicht Durchführung des Vorhabens (S. 16f.): Die Aussagen zur Zunahme des Verkehrs sind infrage zu stellen.
„Die Zunahme der Einwohnerzahl bewirkt eine Zunahme des Verkehrs innerhalb der Stadt.“ (17)
Bedenken: Diese Aussage ist falsch. Erstens sinkt die Einwohnerzahl seit 2015 und in der Prognose bis 2030 ff. Zweitens sinken die Verkehrsmengen innerhalb der Stadt seit 2005 kontinuierlich (siehe Verkehrsuntersuchung, Teil 21). Gleichzeitig hat sich vielmehr der Anteil des Radverkehrs am Modal Split deutlich erhöht.
Kap. 5.1 Menschen, insbesondere menschliche Gesundheit (UVP, S. 18f.): Die Auswirkungen auf die Menschen im Umfeld der neuen Trasse werden nicht an-gemessen bewertet.
5.1.3 Bewertung
„Durch den Bau der B238 werden zwar Erholungsräume teilweise verkleinert und zerschnitten. Es werden jedoch die Wegebeziehungen nahezu vollständig aufrechterhalten, so dass die Nutzung des Ilsetals als Erholungs- und Freizeitraum nach wie vor möglich ist.
Das Wohnumfeld wird sich durch den Bau der Umgehungsstraße besonders im Bereich der heutigen B238 (Richard-Wagner-Straße und Rintelner Straße) verbessern, da durch die geringere Verkehrsbelastung weniger Lärm und Luftschadstoffe entstehen. Dadurch werden auch die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen positiv beeinflusst.“ (19)
Bedenken: Die Bewertung der Auswirkungen für das Schutzgut Mensch, insbesondere menschliche Gesundheit sind unvollständig. Im Kap. 5.5.1 Umweltschutzziele, Bewertungsmaßstäbe wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass den primären Aufenthaltsorten des Menschen (bewohnte Siedlungsbereiche, Naherholungsraum, Bewegungsraum für Spiel, Sport und Freizeit) eine besondere Bedeutung zukommt. Gleichzeitig werden erholungsrelevante Freiflächen im Siedlungsraum, siedlungsnahe ausgewiesene Erholungsräume, Erholungszielpunkte und Elemente der freizeitbezogenen Infrastruktur für den Untersuchungsraum beschrieben.
Auswirkungen auf das Wohnumfeld im Norden der Kernstadt werden nur pauschal als Beeinträchtigung beschrieben:„Auf das Wohnen und das Wohnumfeld sowie auf die Erholungs- und Freizeitfunktion, das Naturerlebnis und die ressourcenabhängige Umweltnutzung bzw. das Naturerlebnis ergeben sich insbesondere im Bereich der Bachaue der Ilse Beeinträchtigungen“ (5.1.2, S. 19). Eine Bewertung dieser Auswirkungen fehlt. Dies stellt eine unzulässige Verkürzung dar. Die Bewertung der Auswirkungen auf das Schutzgut Mensch ist unvollständig und damit grundsätzlich infrage zu stellen.
Kap. 5.5 Wasser (UVP, S. 23): Die Darstellung des Überschwemmungsgebietes ist zu überarbeiten und zu bewerten.
Kap. 5.5.2, Bewertung: „Das Überschwemmungsgebiet der Ilse wird im Bereich der Straße „Alter Knick“ kleinflächig mit Straßen- und Böschungsflächen überplant. Dieser Verlust ist sehr gering und führt nicht zu erheblichen, nachteiligen Auswirkungen.“
Bedenken: Das Überschwemmungsgebiet der Ilse ist falsch dargestellt und die Aussage zur Betroffenheit damit nicht belegt. Das festgesetzte Überschwemmungsgebiet ist deutlich größer. Die Planung ist deshalb zu erneuern. In diesem Zusammenhang verweisen wir auch auf die Stellungnahme des Kreises Lippe und die Forderung nach Bilanzierung des Verlustes an Retentionsraum.
4. Bedenken zur Artenschutzprüfung (19.2)
Gegen die vorgelegte Planung werden im Hinblick auf die Faunistische Untersuchung und die im Verfahren erstellte Artenschutzprüfung folgende Bedenken und Anregungen geltend gemacht:
-
Die Abgrenzung des Untersuchungsraumes ist nicht nachvollziehbar.
Der im Kap. 2.1 der Faunistischen Untersuchung (FU) beschriebene Untersuchungsraum (UR) um-fasst, nach Angabe des Gutachters, einen Bereich von 300 m beidseits der geplanten Straßentrasse, zzgl. einer Erweiterung nach Westen entlang der Ilse. Er ist identisch mit dem UR des Jahres 2008. Der 600 m breite Korridor umfasst eine Fläche von ca. 225 ha.
Wie diese Abgrenzung zustande gekommen ist, geht leider nicht aus den Unterlagen hervor und er-scheint relativ willkürlich. Warum sich der UR nach Westen entlang der Ilse über die 300 m Marke weiter ausdehnt, nicht aber die knapp außerhalb des UR festgestellten planungsrelevanten Arten (Feldschwirl, Wachtel, Waldkauz) integriert, wird nicht näher erläutert und bleibt unklar. Zu diesen Arten erfolgt nur der Hinweis: „Knapp außerhalb des Untersuchungsgebiets wurden zudem drei wei-tere planungsrelevante Arten (…) festgestellt (vgl. Kap. 5.2.2 Artenschutzprüfung ASP, sowie Karte 2). Bei der Wachtel bedeutet das im konkreten Fall eine Überschreitung der Grenze des UR um <50m (vgl. Anhang Karten 2).
Obwohl es sich hierbei um planungsrelevante Arten handelt, die einerseits auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten in NRW stehen und sich gleichzeitig in einem ungünstigen Erhaltungszustand befinden (Feldschwirl RL. Stufe 3, Wachtel RL. Stufe 2), oder ob es sich, wie beim Waldkauz, um eine streng geschützte Art handelt, findet eine artenschutzrechtliche Berücksichtigung im weiteren Ver-fahren der ASP nicht statt.
Aus unserer Sicht hätten alle Arten artenschutzrechtlich betrachtet werden müssen. Beim Waldkauz ist aus unserer Sicht, mit Blick auf seine Einstufung als streng geschützte Art, eine Beurteilung im Hin-blick auf §44 BNatSchG zwingend erforderlich.
Zieht man zur Abgrenzung des UR, zum Vergleich, den Planungsleitfaden Umweltverträglichkeitsprü-fung von Straßen NRW (UVP März 2015) heran, so wird dort ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „der Untersuchungsraum so zu wählen ist, dass die zu erwartenden Umweltauswirkungen (…) erfasst werden. Die Größe des Untersuchungsraumes richtet sich nach den voraussichtlichen Wirkungen des Vorhabens auf die gemäß § 2 UVPG zu untersuchenden Schutzgüter. Der Untersuchungs-zeitraum ist so zu wählen, dass bei der Bestandsaufnahme und –bewertung Qualitäts- und Aussa-gekraftverluste sowie Erhebungsdefizite weitgehend ausgeschlossen werden. Die Einhaltung dieses Standards wird auch für das hier vorliegende Planvorhaben für erforderlich gehalten.
Vor diesem Hintergrund wird ein Ausschluss der oben aufgeführten planungsrelevanten Arten (nur, weil sie knapp hinter einer willkürlich gezogenen Grenze liegen) für nicht zulässig erachtet. Der Untersuchungsraum hätte sich an den größten Effektdistanzen der zu erwartenden Tierarten orientieren müssen. Das bedeutet, dass Arten mindestens 500 m beidseitig der Trasse hätten erfasst werden müssen (vgl. Empfindlichkeit und Effektdistanz der Feldlerche, Tab. 15 FU). Dass dies nicht geschehen ist, beurteilen wir als Verstoß gegen die artenschutzrechtlichen Regelungen des § 44 BNatSchG, zumal Feldschwirl und Wachtel Arten sind, für die der Untersuchungsraum durchaus auch Fortpflanzungs- oder Ruhestätte sein können
-
Die Artenschutzrechtliche Prüfung erfolgte im Hinblick auf die Avifauna nicht für alle Arten sach- und fachgerecht.
Insbesondere die Offenlandarten Feldlerche, Rebhuhn und Kiebitz sind im Rahmen der Artenschutz-prüfung nicht hinreichend betrachtet worden.
Der Gutachter hat in Kap. 6.3 der Artenschutzprüfung eine Relevanzprüfung durchgeführt, und schließt die oben aufgeführten Arten aufgrund artspezifischer oder vorhabenspezifischer Kriterien von der weiteren Betrachtung aus. Der Ausschluss von Arten, die nicht entscheidungserheblich be-troffen sind, ist nach seiner Auffassung möglich. Er listet Kriterien auf (a-c), bei deren Vorkommen eine Beeinträchtigung sicher ausgeschlossen werden kann“ (ASP Seite 26).
Ein Ausschluss erfolgt für Arten,
- die weit verbreitet sowie ökologisch breit eingenischt sind und als ungefährdet gelten oder außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets auftreten (Kriterium Gefährdung),
- für deren Habitate eine Beeinträchtigung durch das Vorhaben sicher ausgeschlossen ist, da sie mit Sicherheit nur außerhalb des (spezifischen) Wirkungsbereichs des Vorhabens auftreten (Kriterium Wirkungen/Relevanz),
- deren Empfindlichkeit gegenüber dem Vorhaben oder die Wirkintensität des Vorhabens so gering ist, dass mit hinreichender Sicherheit keine Verbotstatbestände ausgelöst werden (Kriterium Empfindlichkeit).
Die so ausgeschlossenen Arten sind dann im Weiteren von einer vertiefenden Prüfung nach § 44 BNatSchG ausgenommen worden (vgl. Tab. 8 ASP).
Diese Vorgehensweise ist aus hiesiger Sicht nicht zulässig. Gegen die Einschätzung des Gutachters in Tab. 15. der Faunistische Untersuchung werden daher erhebliche Bedenken vorgebracht.
Im Einzelnen betreffen unsere Bedenken folgende Arten (vgl. hierzu auch Tab. 8, ASP):
- Feldlerche:
Der Gutachter der ASP weist darauf hin, dass die Feldlerche im Untersuchungsgebiet lediglich mit vier Brutzeitfeststellungen außerhalb des geplanten Trassenverlaufs nachgewiesen wurde. Brutnachweise konnte er nicht feststellen. Unter Berücksichtigung der Effektdistanzen, sind durch den Bau der Trasse keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten. Eine Auslösung der Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 BNatSchG schließt er daher aus. (vgl. ASP, Seite 30)
Die Feldlerche gehört zu den besonders geschützten Arten in NRW. Sie ist in der Roten Liste NW als gefährdet eingestuft (Stufe 3). Es handelt sich um eine Art, die in ihrem Bestand merklich zurückgegangen ist, und durch laufende bzw. absehbare menschliche Einwirkungen bedroht ist. Sie befindet sich als planungsrelevante Art in einem ungünstigen EHZ mit sinkender Tendenz in NRW (FIS Geschützte Arten in NRW). Es ist davon auszugehen, dass die Art, bei weiter sinkendem Bruterfolg, in einen schlechten Erhaltungszustand abrutscht.
Hinweise dazu finden sich sogar bereits im LBP auf Seite 37 des LBP: „Während damals (die Rede ist vom Jahr 2010) für vier Vogelarten (Schleiereule, Feldlerche, Feldsperling, Rauchschwalbe) eine erhebliche Betroffenheit durch das Bauprojekt ermittelt wurde, zeigen die aktuellen Ergebnisse, dass die Konflikte nicht mehr bestehen.“ Es ist davon auszugehen, dass die Konflikte nicht mehr bestehen, weil die Feldlerche sehr deutliche Bestandsrückgänge im UR zu verzeichnen hat.
Innerhalb des UR führt der Gutachter vier Brutzeitfeststellungen, und einen Brutverdacht nördlich des Ilsebachtales auf (Radsiekbaches im Bereich der Steinbrede). Dieser liegt knapp außerhalb des abgegrenzten UR (<50m). Es ist nicht nachvollziehbar, warum der Gutachter für diese Art Beeinträchtigungen ausschließt. Garniel et al (2007) weisen ausdrücklich darauf hin, dass für die Feldlerche eine verkehrsabhängige reduzierte Besiedlung von mehreren 100 m festgestellt werden konnte. Zwar gehört die Feldlerche zu den Vogelarten mit schwacher Lärmempfindlichkeit. Die Art ist aber dafür bekannt, dass sie ihre Umwelt in erster Linie optisch wahrnimmt und zu verschiedenen Landschaftselementen einen für Singvögel unüblich großen Abstand hält. Eine besonders hohe Empfindlichkeit gegen optische Störungen, die auf den ausgedehnten Singflügen intensiv wahrgenommen werden, ist scheinbar nicht auszuschließen. Vor dem Hintergrund der prognostizierten Verkehrsmenge (>10.000 Kfz/24h) kann die Habitateignung vom Fahrbandrand bis 300m Entfernung von der Trasse abnehmen (Garniel et al 2007). Damit werden die Brutmöglichkeiten für die Feldlerche im Untersuchungsraum deutlich reduziert. Eine Verschlechterung des EHZ ist damit vorprogrammiert. Daher sehen wir den Verbotstatbestand nach §44 (1) Nr. 2 und 3 BNatSchG betroffen.
Den in Tab. 8 der ASP aufgeführten Ausschlusskriterien kann nicht gefolgt werden. Dass “unter Be-rücksichtigung der Effektdistanzen, durch den Bau der Trasse keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten sind, und eine Auslösung der Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 BNatSchG ausgeschlossen werden kann, widerspricht nach unserer Auffassung den Einschätzungen von Garniel et al 2007.
Der gesamte Untersuchungsraum muss als potentielle Fortpflanzungs- oder Ruhestätte eingestuft werden. Mit der geplanten Maßnahme werden diese Bereiche erheblich beeinträchtigt und sind für die Feldlerche nur noch eingeschränkt nutzbar. Der Erhaltungszustand der lokalen Population wird sich durch das geplante Vorhaben voraussichtlich weiter verschlechtern. Dieser Konflikt hätte in der ASP artenschutzrechtlich aufgearbeitet werden müssen.
- Rebhuhn
„Das Rebhuhn besiedelt nach Angabe des Gutachters offene, gerne auch kleinräumig strukturierte Kulturlandschaften mit Ackerflächen, Brachen und Grünländern. Im Untersuchungsgebiet wurde das Rebhuhn im nördlichen Randbereich gesichtet. Brutplätze sind nicht bekannt. Mögliche Beeinträchti-gungen betreffen ausschließlich Strukturen, die für die Art nicht essenziell sind. Eine Auslösung von § 44 Abs. 1, Nr. 1, 2 und 3 kann ausgeschlossen werden.“
Das Rebhuhn wurde vom Gutachter als Art mit Brutverdacht eingestuft (vgl. Faunistische Untersu-chung, Anhang, Karte 2). Nachweise finden sich im Kreuzungsbereich Alter Knick/ Raumüllerweg. Dort hat der Gutachter das Rebhuhn im Randbereich des UR, nördlich des Ilsebaches, mit zwei Re-vierverdachtsfällen festgestellt (vgl. Kap. 3.2.1 Seite 26).
Das Rebhuhn ist eine besonders geschützte Art nach der VSR. In der kontinentalen Region befindet es sich in einem schlechten EHZ. Es kommt in Nordrhein-Westfalen grundsätzlich als Standvogel ganzjährig vor, ist aber auch dort als stark gefährdet auf der Roten Liste eingestuft. Wesentliche Be-standteile des Lebensraumes sind Acker- und Wiesenränder, Feld- und Wegraine sowie unbefestigte Feldwege. Solche Lebensraumbestandteile und Strukturen bietet der Untersuchungsraum auch noch im Verlauf bzw. im Umfeld der geplanten Trasse (vgl. Maßnahmenübersichtsplan Kneo2, 4 und 5), z.B. im Bereich des Sommerhäuschenweges. Der Aussage des Gutachters, dass mögliche Beeinträch-tigungen ausschließlich Strukturen betreffen, die für die Art nicht essenziell sind, wird hiermit aus-drücklich widersprochen.
Obwohl seit mehr als 20 Jahren Biotopschutzmaßnahmen für das Rebhuhn durchgeführt werden, ist der Bestandsrückgang dramatisch. Eine Berücksichtigung der Art im Rahmen der ASP wird daher für zwingend erforderlich gehalten. Aufgrund der hohen Standorttreue und der geringen Mobilität des Rebhuhns ist eine Besiedlung neu geschaffener Habitate nur in direktem Verbund, bzw. direkt an-grenzend zu bestehenden Vorkommen möglich. Schutzmaßnahmen sollten daher stets im Bereich noch guter Bestände des Rebhuhns geführt werden (nicht weiter als 500m entfernt). Dies empfiehlt sich insbesondere auch aufgrund der hohe Brutortstreue des Rebhuhns.
In Anbetracht der Bestandssituation des Rebhuhns ist davon auszugehen, dass durch das Vorhaben Verbotstatbestände nach §44 (1) Nr. 2 und 3 ausgelöst werden. Eine Berücksichtigung der Art im Rahmen des ASP wird daher für erforderlich gehalten.
- Kiebitz
Nach der Beschreibung des Gutachters ist „der Kiebitz ein Charaktervogel offener Grünlandgebiete und bevorzugt feuchte, extensiv genutzte Wiesen und Weiden. Seit einigen Jahren besiedelt er verstärkt auch Ackerland. Im Untersuchungsraum wurde er als Durchzügler im äußersten Nordosten kartiert. Ein Brutvorkommen dieser Art existiert im Untersuchungsgebiet nicht. Eine Auslösung der Ver-botstatbestände nach § 44 Abs. 1, Nr. 1, 2 und 3 BNatSchG schließt der Gutachter aus“ (vgl. ASP, Seite 31).
Der Kiebitz benötigt aufgrund seines immer stärker werdenden Rückgangs und der Bedrohung seines Fortbestands im Kreis Lippe einen besonderen Schutz. Er zählt zu den streng geschützten Arten nach Art. 4 (2) der VSR, sowie Anlage 1, Spalte 3 der BArtSchV. In der kontinentalen Region befindet er sich in einem schlechten EHZ für Brutvögel, bzw. in einem ungünstigen EHZ für Rastvorkommen.
Die textlichen Angaben des Gutachters zum Kiebitzvorkommen im UR sind widersprüchlich. Ein „Durchzügler im äußersten Nordosten“ (vgl. Tab. 8 Seite 31, ASP) konnte in Karte 2 (Anhang) nicht festgestellt werden. Im Kap. 3.2.1 (FU Seite 27) spricht der Gutachter davon, dass es sich „beim Kie-bitz um zwei Individuen handelt, die am 20.03.2018 im westlichen UR an der „Ilse“ auf einem Acker rastend gesichtet wurden. Hierbei handelt es sich nach Karte 2 (Anhang) um den Teilraum (TR) 1. In Tabelle 13 (Seite 28) ist aber für den TR 5 ein Kiebitzvorkommen aufgeführt. In diesem Teilraum ist nach Karte 2 aus dem Anhang (nördlich der Ilse zwischen Alter Knick und Entruper Weg) aber nur eine Flugbewegung erfasst, die vom Gutachter nicht weiter thematisiert wird. Es bleibt fraglich, ob es sich hierbei möglicherweise auch um eine Brutzeitenfeststellung oder einen Nahrungsgast gehandelt hat. Vor diesem Hintergrund ist das Gutachten, zumindest bzgl. des Kiebitz, nicht eindeutig nachvollziehbar. Die Berührung von Verbotstatbeständen gem. § 44 BNatSchG wird aus unserer Sicht nicht ausreichend betrachtet. Den Ausschlusskriterien kann nicht gefolgt werden.
Der Kiebitz tritt in Nordrhein-Westfalen als Brutvogel und Durchzügler auf. Er ist ursprünglich ein Charaktervogel offener Grünlandgebiete und bevorzugt feuchte, extensiv genutzte Wiesen und Wei-den. Seit einigen Jahren besiedelt er aber verstärkt auch Ackerflächen. Inzwischen brüten etwa 80 % der Kiebitze in Nordrhein-Westfalen auf Ackerflächen. Dort ist der Bruterfolg stark abhängig von der Bewirtschaftungsintensität und fällt oft sehr gering aus. Bei der Wahl des Neststandortes werden of-fene und kurze Vegetationsstrukturen bevorzugt (FIS Geschützte Arten NRW). Grundsätzlich kommt auch der UR als Lebensraum des Kiebitzes infrage.
Für 2018 und 2019 werden in den ornithologischen Jahresberichten der Biologischen Station Lippe aber für den Kiebitz weithin Rückgänge verzeichnet. Die Zahl der Gebiete mit Brutversuchen in Lippe reduziert sich zusehends. Von vier Gebieten mit beobachteten Jungvögeln handelt es sich in Lippe in zwei Fällen um Sandabbaugebiete, und in einem Fall um einen nach den Bedürfnissen des Kiebitzes bewirtschafteten „Schutzacker“ bei den Zuckerteichen in Lage. Und nur dort sind Jungvögel gemeldet und vermutlich auch groß geworden. „Normale“ Äcker werden scheinbar als ehemalige Brutgebiete zwar aus Tradition im Frühjahr wieder angeflogen, aber nicht mehr zur Brut genutzt oder; wenn doch, dann ohne Bruterfolg.
Es ist davon auszugehen, dass sich der Erhaltungszustand der lokalen Population des Kiebitzes im Ge-meindegebiet durch das geplante Vorhaben B238 weiter verschlechtert, da die geplante Straße den besiedelbaren Raum deutlich einschränkt. Insgesamt werden durch das Vorhaben über 200 ha poten-tieller Kiebitz – Lebensraum für die Art nicht mehr nutzbar sein, da die geplante Straße zu einer Ein-schränkung des Entwicklungspotentials der Art führt.
Damit werden nach unserer Einschätzung die Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1, Nr. 2 und 3 BNatSchG ausgelöst.
Abschließende Beurteilung
Im Zuge einer durchgeführten Relevanzprüfung hat der Gutachter u.a. Offenlandarten wie Feldler-che, Kiebitz und Rebhuhn von einer artenschutzrechtlichen Betrachtung ausgeschlossen. Gegen diese Vorgehensweise werden erhebliche Bedenken erhoben.
In der Regel werden durch eine projektspezifische Abschichtung die Arten einer Prüfung nicht unterzogen, für die eine verbotstatbeständliche Betroffenheit durch das jeweilige Projekt mit hinreichen-der Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Hierzu gehören u.a. Arten ohne Reproduktionsnachweis im Gebiet (Nahrungsgäste, vereinzelte Durchzügler, Brutzeitfeststellungen). Ausnahmen stellen i. d. Regel die nach § 7 Abs. 2 Nr. 14 BNatSchG streng geschützten Arten dar.
Der Kiebitz zählt zu den streng geschützten Arten nach Art. 4 (2) der VSR, sowie Anlage 1, Spalte 3 der BArtSchV. Sowohl für das Rebhuhn wie auch die Feldlerche beschreibt der Gutachter der FU ei-nen Brutverdacht. Darüber hinaus ist die Feldlerche noch mit einzelnen Brutzeitbeobachtungen regis-triert. Alle Arten befinden sich auf der Roten Liste der bedrohten Tier- und Pflanzenarten in NRW (Feldlerche gefährdet, Rebhuhn stark gefährdet, Kiebitz stark gefährdet). Rebhuhn und Kiebitz befin-den sich darüber hinaus in einem schlechten Erhaltungszustand, während die Feldlerche noch in ei-nem ungünstigen Erhaltungszustand ist (mit Tendenz zur Verschlechterung!).
Diese Arten sind zwingend einer vertiefenden, artenschutzrechtlichen Betrachtung zu unterziehen. Eine vorhabenbedingte Betroffenheit so pauschal auszuschließen ist nicht gerechtfertigt. Wir gehen davon aus, dass diese Arten durch den Bau der Straße weiter erheblich eingeschränkt werden.
Literaturhinweise:
GARNIEL, A. & MIERWALD, U. (2010): Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr. Ergebnis des For-schungs- und Entwicklungsvorhabens FE 02.286/2007/LRB „Entwicklung eines Handlungsleitfadens für Vermeidung und Kompensation verkehrsbedingter Wirkungen auf die Avifauna“ im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung.
Landesbetrieb Straßenbau NRW (UVP 2015): Planungsleitfaden Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)
- Stellungnahme zum Fledermausschutz
Für den gesamten Untersuchungsraum muss aufgrund der hohen nachgewiesenen Artenzahl (n = 12) und dem Auftreten von gefährdeten Arten (z.B. Bartfledermäuse, Breitflügelfledermaus) von einer hohen bis sehr hohen Bedeutung für die Fledermausfauna ausgegangen werden. Zudem weisen Bereiche des UR eine hohe räumlich-funktionale Bedeutung als Jagdgebiet auf. Die Untersuchungen zeigen, dass der Verlauf der „Ilse“, die nördlich der Steinmühle befindlichen Gewässer, wie auch die Uferbereiche/Grünflächen entlang des „Radsiekbaches“ regelmäßig als Jagdgebiet genutzt werden. Quartiere konnten zwar nicht festgestellt werden, sind für den UR jedoch nicht auszuschließen. Für die Zwergfledermaus ist das Vorhandensein von Quartieren im UR sogar als wahrscheinlich anzunehmen. Von den sieben identifizierten Flugrouten sind fünf mit einer hohen Bedeutung als Transferstrecken und zwei mit einer mittleren Bedeutung zu bewerten (S. 20, Tabelle 10).
Bedenken hinsichtlich der kartenmäßigen Darstellung
Die kartenmäßigen Darstellungen der landschaftspflegerischen Maßnahmen (vgl. Planfest-stel-lungsunterlagen U9.2_Lagepläne der landschaftspflegerischen Maßnahmen Blatt 1-8) sind, insbesondere für die Artengruppe der Fledermäuse, fehlerhaft, unübersichtlich und uneinheitlich. Die Nachvollziehbarkeit der Unterlage für den Beteiligten ist nicht gegeben.
In den Lageplänen der landschaftspflegerischen Maßnahmen (vgl. Anlage U9.2 Blatt 1-8 der Planfest-stellungsunterlagen) sind alle landschaftspflegerischen Maßnahmen zeichnerisch dargestellt. Die Maßnahmen wurden auf der Grundlage der durch die Bestandserhebungen ermittelten Konfliktebe-reiche (vgl. Anlage U19.1_Bestands- u. Konfliktpläne Bl. 1-8) festgelegt. Aus den Maßnahmenblättern (MBL) geht nicht eindeutig hervor, ob die Überflughilfen für Fledermäuse temporär oder dauerhaft sind. Eine eindeutige Beschreibung fehlt in der Regel. Nur in den MBl 4 und 5 ist einmal ausdrücklich erwähnt, dass es sich dort um eine temporäre Maßnahme handelt.
Die textlichen Hinweise in den Maßnahmenschutzblättern sind nicht eindeutig und vollständig. Dadurch ist die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Unterlagen nicht gegeben.
Im Einzelnen wurden folgende Mängel festgestellt:
- Im Maßnahmenblatt 1 ist kein textlicher Hinweis in der Karte enthalten, der auf die dort ge-planten dauerhaften Überflughilfen hinweist. Die Karte enthält an der Querungshilfe nur die allgemeinen symbolhafte Darstellung S 3CEF.
- Im Maßnahmenblatt 2 gibt es zwar einen allgemeinen Hinweis (gelber Textblock) auf der Karte. An der konkreten Stelle im Lageplan befindet sich aber nur die symbolhafte Darstel-lung S 3CEF an der Straßenböschung. Aus der Kartenlegende geht dann hervor, dass an dieser Stelle westlich des Sommerhäuschenwegs eine Anpflanzung aus Gehölzen vorgesehen ist. Außerdem ist aus dem Lageplan ersichtlich, dass die B238n an dieser Stelle auf einem Damm geführt wird. Es wird an keiner Stelle der Planunterlagen deutlich, warum hier keine technische Überflughilfe vorgesehen ist.
- Maßnahmenblatt 3 weist wie Maßnahmenblatt 2 einen allgemeinen Hinweis (gelber Text-block) auf eine Schutzmaßnahme auf. An der konkreten Stelle im Lageplan befindet sich aber nur die symbolhafte Darstellung S 3CEF. Auf dem Plan nördlich der B238n findet sich nur ein nicht eindeutiger textlicher Hinweis auf eine Maßnahme, der nicht eindeutig zugeordnet werden kann. Außerdem wird auch hier die Straße auf einem Damm geführt wird. Auch an dieser Stelle ist keine technische Überflughilfe vorgesehen. Eine Erklärung dazu fehlt ebenso.
- Im Maßnahmenblatt 4 ist die temporäre Überflughilfe in der Karte auch als solche bezeichnet (temp. Fledermausschutzzaun), während die dauerhafte Überquerungshilfe an der geplanten Brücke (Alter Knick über B238n) nur als „Überflughilfe für Fledermäuse“ bezeichnet wird.
- Im Maßnahmenblatt 5 ist südöstlich der Steinmühle eine temporäre Überflughilfe genannt. Der Standort befindet sich nördlich der B238n. Die Kennzeichnung erfolgte sowohl mit der symbolhaften Darstellung S 3CEF wie auch mit einem konkreten textlichen Hinweis (vorüber-gehender Schutzzaun 4m ü. Grad). Der Text des LBP im Kap. 6.2 Maßnahmenübersicht des LBP spricht an dieser Stelle allerdings von dauerhaften Fledermausschutzzäunen. Text und Karte sind nicht kongruent. Dort heißt es: „Im Bereich der Transferflugroute „Sportplatz Westalm“ westlich und östlich der B 238 und nördlich der B 238 im Bereich der Flugroute „Steinmüllerweg“ sind insgesamt 3 dauerhafte Fledermausschutzzäune vorgesehen.
- Im Maßnahmenblatt 6 (nördlich der Straße Steinmüllerberg) ist in der Karte nur der Hinweis „Fledermausschutzzaun“ an der Überflughilfe vorhanden. Gleichzeitig erfolgt an anderer Stelle in der Karte der textliche Hinweis „dauerhafte Irritationsschutzwand“. An dieser Stelle wird ein dauerhafter Schutzzaun vor dem Hintergrund des Eingriffes in das Landschaftsbild und der unmittelbaren Nähe zum Naturschutzgebiet abgelehnt.
- In der Konfliktkarte 6 ist im 90 Grad Knickpunkt der Straße Steinmüllerberg ein weiterer Zer-schneidungseffekt/Kollisionspunkt durch die Gutachter dargestellt. In der Maßnahmenkarte ist an der Nordseite der B238n aber keine Überflughilfe dargestellt. Das ist nicht nachvoll-ziehbar und muss überprüft werden. Auch an dieser Stelle wird ein dauerhafter Schutzzaun abgelehnt.
Bedenken bzgl. der Fledermausschutzzäune
In Kapitel 8 der ASP wird darauf hingewiesen, dass Fledermausschutzzäune zu betreiben sind, bis die erforderliche Höhe der Gehölzpflanzungen von 4 m erreicht ist. Es wird ausdrücklich erwähnt, dass „die Maßnahme im LBP als Schutzmaßnahme S 3CEF enthalten ist und dort detailliert beschrieben und dargestellt wird“.
Der LBP macht aber keine konkreten Aussagen hinsichtlich der Gestaltung der Fledermausschutzzäune. Es wird nicht deutlich, aus welchem Material die Schutzzäune bestehen und wie sie aufgebaut sind. Dies hat aber eine wesentliche Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Zäune. Außerdem wird nicht beschrieben, mit welcher Farbgebung sie gebaut werden. Alle Aspekte zusammen haben Auswirkungen auf den Eingriff in das Landschaftsbild. Es wird angeregt, die Zäune in einer anthrazitfarbe-nen RAL-Farbe zu gestalten, so dass die optische Wahrnehmbarkeit der Zäune für den Menschen zurücktritt (Stichwort: Erholungsfunktion).
Hinweis: Funktionsfähigkeit der Zäune
Der LBP stellt dar, dass ein temporärer Fledermausschutzzaun dort zu errichten ist, wo Gehölzpflanzungen als Querungshilfe gepflanzt werden sollen. Die Zäune sollen so lange errichtet werden, wie diese Bäume noch nicht die erforderliche Höhe von 4,0 m erreicht haben. Der LBP lässt hier außer Acht, dass auch die Dichtigkeit der Pflanzung für die Funktionsfähigkeit relevant ist. Auch dies ist bei der Maßnahmenplanung zu berücksichtigen.
Anregung
Anhang Anlage 3: Berechnung der Kompensationswerte der Maßnahmen:
Nachdem in den vorherigen Tabellen neben dem Buchstabenkürzel auch der jeweilige Biotoptyp textlich beschrieben war, erscheinen in der Tab. Berechnung der Kompensationswerte nur noch Buchstaben und Punktwerte. Eine Nachvollziehbarkeit der Berechnung / der Richtigkeit der Berech-nung ist damit fast nicht mehr gegeben.
Bedenken
Pkt. 6.2.3 Gestaltungsmaßnahmen
Zu G 1 Landschaftsgerechte Eingrünung der Straßennebenflächen
Unter G 1 steht, dass keine „Überhälter“ (= Bäume) gepflanzt werden, damit keine Ansitzwarten für Greifvögel entstehen. Dieser Planungsansatz wird nicht geteilt. Vielmehr sollten straßenbegleitend mehr Bäume gepflanzt werden.
Im Vergleich zur allgemeinen Wohlfahrtswirkung von Bäumen, unter Berücksichtigung einer effekti-ven Einbindung des Straßenkörpers in die Landschaft und einer, wenn oftmals auch nur „psychologi-schen“ Lärmminderung ist das prognostizierte Risiko eines Greifvogelansitzes in der Gesamtbewer-tung der Wohlfahrtswirkung der Bäume unterzuordnen.
Anregung
Zu G 2 Anlage von Hochstaudenfluren / Sukzessionsflächen auf Straßennebenflächen:
Hier wird, bei „geeigneten Pflegemaßnahmen“ der Charakter einer Hochstaudenflur bzw. einer na-türlichen Sukzession auf den Straßennebenflächen gezeichnet. In der Realität ist jedoch immer wie-der festzustellen, dass die Straßennebenflächen intensiv und regelmäßig gemäht werden, so dass kein Blütenflor geschweige denn samentragende Hochstaudenfluren entstehen.
Die detailliert beschriebene extensive Pflege dieser Flächen sollte als Nebenbestimmung in die Plangenehmigung aufgenommen werden.
Grundsätzliche Bedenken zum Artenschutz
Die Vermeidungs- und Schutz-/CEF-Maßnahmen sind nicht ausreichend detailliert und artspezifisch geplant. Die Wirksamkeit / Funktionsfähigkeit der Maßnahmen kann damit nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden. In Folge kann, abweichend von der Aussage des Planungsbüros, nicht eindeutig ausgeschlossen werden, dass Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG berührt werden.
Bedenken zum Artenschutz „Fledermäuse“ im Detail :
Der LBP spricht von „Fledermausschutzzäunen“. Dieser Begriff ist irreführend. Ist ein Hop over gemeint, eine Querungshilfe, eine Kollisionsschutzwand oder eine entsprechende Leiteinrichtung? Das Gutachten hat hier differenziertere Aussagen zu treffen.
Bedenken zur Ausgestaltung der Schutzzäune
Die als Überflughilfen vorgeschlagenen „Maschendrahtzäune“ (eine weiter gehende, genauere Be-schreibung fehlt unverständlicherweise) werden als ungeeignete Schutzmaßnahme für Fledermäuse erachtet. Die Darstellung einer fachlichen Eignung fehlt in den Planunterlagen.
Die Konstruktion und Beschaffenheit der dauerhaften „Fledermausschutzzäune“ (was ist hier genau gemeint?) nicht näher beschrieben. Die fachliche Eignung kann nicht nachvollzogen werden.
Bedenken wegen unberücksichtigter Habitatverbesserungen
Im Hinblick auf die Fledermausrouten werden lediglich technische Maßnahmen zur Vermeidung von artenschutzrechtlichen Tatbeständen vorgeschlagen. Es fehlen Planungen, die der allgemeinen Habi-tatverbesserung der Teillebensräume der Fledermäuse vorsehen.
Bedenken: Es fehlen Aussagen zur verkehrsbedingten Lärm- und Lichteinwirkung
Der LBP macht keine Aussagen zur Betroffenheit der Fledermauspopulationen im Hinblick auf verkehrsbedingte Lärm- und Lichteinwirkung. Teilhabitate der Fledermäuse könnten durch diese Einwirkungen in ihrer Funktion unwiederbringlich zerstört werden. Ein ggf. erforderlicher Blendschutz für Fledermäuse wird nicht thematisiert.
Bedenken: CEF-Maßnahmen werden zu pauschal formuliert.
Es fehlt die erforderliche artspezifische Einzelfallbetrachtung. Auch die konkreten örtlichen Gegeben-heiten wie Geländemorphologie, Landschaftsbild etc. werden nicht nachvollziehbar bei der Maßnah-menplanung betrachtet.
Bedenken: Fehlende Erklärung zur Querungshilfe.
Es fehlt als wesentliches planerisches Detail die Erklärung, welche Art Querungshilfe an Ort und Stelle und warum vorgesehen ist und auf welche Art und Weise diese Hilfen in ein Leitstruktursystem ein-gebunden sind. Es ist nicht nachvollziehbar, ob die vorhandenen Leitstrukturen durch die Trasse Schaden nehmen, ob sie ausreichend funktionsfähig sind oder ob weitere Pflanzungen erforderlich sind, um die Funktionsfähigkeit (wieder-)herzustellen.
Hinweis: Fehlende ökologische Baubegleitung
Es fehlt ein Hinweis auf die erforderliche ökologische Baubegleitung bei der Umsetzung der Maßnahmen. Eine „ökologische Baubegleitung“ bei der Umsetzung der Maßnahmen ist unentbehrlich und wird für zwingend erforderlich gehalten. Entsprechendes Fachpersonal ist gesondert damit zu beauftragen. Die Abstimmung muss in enger Abstimmung mit den zuständigen Naturschutzbehörden erfolgen.
Hinweis auf CEF Maßnahmen
Die CEF-Maßnahmen müssen vor dem Eingriff funktionsfähig sein. D.h. vor Inbetriebnahme der Trasse ist die vollumfängliche Funktionsfähigkeit der CEF-Maßnahmen durch Fachgutachter nachzuweisen.
Anregung eines Monitorings
Einrichtung eines Monitorings zur Beurteilung der Wirksamkeit der Querungshilfen.
Systematische Untersuchungen zur Effizienz und zu Mindesthöhen von Schutzwänden/-zäunen, um Kollisionen zwischen Fahrzeugen und Fledermäusen zu vermeiden, liegen bislang jedoch nicht vor.
Hinweis: Es ist sicherzustellen, dass alle temporären technischen Querungshilfen wieder beseitigt werden, sobald die Pflanzmaßnahmen ihre Höhe von 4 m erreicht haben.