„Klimaschutz ist auch eine kommunale Aufgabe“ – Rede zum Haushalt 2019 von Fraktionssprecher Dr. Burkhard Pohl

Dr. Burkhard PohlSehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

das Jahr 2018 geht zu Ende, Kläschen ist auch schon vorbei. Werfen wir also zunächst einen Blick auf das vergangene Jahr:

Momentan scheint es mir: Lemgo geht es gut.
Wir leben ein gutes Miteinander in unserer Stadt. Lemgo wird bunter, die Integration gelingt unaufgeregt. Die Wirtschaft ist gefestigt, die Innenstadt attraktiv, unsere Grünflächen und die Bega sind echte Oasen. Der TBV gewinnt wieder.
Viele Menschen ziehen nach Lemgo. Plötzlich platzen Schulen und Kitas aus allen Nähten. Wir müssen uns im Rat neu Gedanken machen: Wie schaffen wir genug U3-Plätze? Wie sind die Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen und Erzieher? Wie schaffen wir genügend OGS-Plätze und eine gute Betreuung? Das sind Kernfragen für die nächsten Jahre. Wir brauchen eine Offensive für ausreichende und gute Angebote.
Das gilt übrigens auch für den Sport: Lemgo hat einen Notstand bei den Sporthallen. Für die abgängigen Sporthallen wie in der Laubke brauchen wir dringend einen Ersatz!
Wir haben ein Handlungskonzept Wohnen beschlossen. Hier stehen wir vor großen Aufgaben: Neubau mit Augenmaß für den Bedarf, barrierefreies Wohnen für Senioren, und ganz wichtig: Lemgo braucht mehr bezahlbaren Wohnraum – und zwar in der Stadt, nicht an der Peripherie, wo die Wege weit sind. Wohnen ist eine soziale Frage, auch in Lemgo.
Wir Grünen wollen aber auch keinen Schnellschuss. Wenn wir schon für Baugebiete neue Fläche verbrauchen, dann muss dies schonend geschehen: Deshalb wollen wir einen Architekturwettbewerb am Lehnsland. Und deshalb wollen wir für Gärten eine naturnahe Gestaltung. Wir freuen uns, dass dies jetzt deutlich in den Baugenehmigungen steht.

Aber Lemgo steht nicht allein auf der Welt. Und die Welt ist nicht in Ordnung. Diese Wochen stehen wieder im Zeichen des Klimaschutzes. Sie wissen, diese Woche tagt die UN-Klimakonferenz in Kattowitz. Der menschengemachte Klimawandel setzt sich fort, und Deutschland hinkt mit der Klimapolitik hinterher. Wir können es uns nicht leisten, auch noch einen Schritt länger zu verharren.
Viele Kommunen wollen deshalb nicht mehr warten und setzen sich eigene Ziele. Es ist gut, dass wir in Lemgo gerade ein Klimaschutzkonzept auf dem Weg haben. Dafür laufen zur Zeit die Planungen.
Aber es ist enttäuschend, wie die Ratsmehrheit letzte Woche gegen weitere Klimaschutzziele votiert hat.
Schon heute hat Lemgo das Ziel: „Ausbau der Erneuerbaren Energien.“ Da ist es ein Trauerspiel, wie man in Brüntorf mit bürokratischen Tricks ein zweites Windrad – vorerst – verhindert. Sie setzen Wirtschaftsinvestitionen aufs Spiel und torpedieren den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Das ist gegen die Interessen der Stadt.
Meine Damen und Herren, es geht wie immer darum: Wir müssen alle Verantwortung übernehmen, und das gilt auch für den Klimaschutz.

Und die Welt ist auch sonst nicht mehr in Ordnung.
Mit dem Aufkommen der rechten Parteien geht es jetzt auch um die Werte und den Erhalt unserer Demokratie. Hier sind wir alle gefordert.
Es geht um den Umgang miteinander in der Gesellschaft, und natürlich auch im demokratischen Diskurs.

Und damit komme ich zu den aktuellen Haushaltsberatungen:
Leider war der demokratische Umgang bei diesen Haushaltsberatungen destruktiv.
Ich finde es inakzeptabel, wie die CDU in Bausch und Bogen 17 von 18 Anträgen der kleineren Fraktionen ablehnt und sich aufführt, als seien Sie allein Herr im Haus. Und das geschah ohne jede Diskussion: Kein einziges Wort fiel Ihnen in der Haushaltsdebatte ein.
Sie stellen sich auch demonstrativ gegen Kompromiss-Vorschläge der Verwaltung. Es ist schon aufgefallen, dass Sie mehrfach gegen den Bürgermeister gestimmt haben.
Was will die CDU damit erreichen? Sie selbst fordern nun eine interfraktionelle Arbeitsgruppe für 2019: Erwarten Sie dann von uns, dass wir im kommenden Frühjahr konstruktiv mit ihnen über den Haushalt beraten? Wollen Sie dann ähnlich destruktiv mit den Vorschlägen der anderen umgehen?
Nein, meine Kollegen und Kolleginnen von der CDU – ihre Neinsager-Haltung ist ein Foul am guten Miteinander im Rat.Das ist schlechter demokratischer Stil.

Leider spielt die SPD das Spiel mit. Sie waren nicht bereit, noch einmal Änderungsanträge ernsthaft zu diskutieren. Dabei hatten wir Grünen bereits mit der Verwaltung Veränderungen erarbeitet, und die waren Ihnen zugegangen. Aber Sie haben es vom Tisch gewischt.

Schauen wir uns also an, was CDU und SPD nicht beschließen:

  • Sie wollen nicht, dass Lemgo sich ein Ziel für mehr Barrierefreiheit setzt
  • Sie wollen nicht, dass Lemgo mehr sozialen Wohnraum anstrebt
  • Sie wollen nicht, dass Lemgo sich CO2-Ziele setzt.

Wir Grünen finden das falsch.
Sollen wir uns für unser kommunales Handeln keine Ziele setzen? Gerade WEIL wir etwas tun, brauchen wir dafür auch Erfolgsmessungen und Ziele. Diese müssen Politik und Verwaltung formulieren und dafür haben wir anschließend das Controlling.

Ich kann mich noch erinnern, dass wir gemeinsam Ziele für Lemgo beschlossen haben. Vermutlich soll es auch 2019 bei den Fraktionsberatungen wieder um Ziele gehen. Nur heute am 10. Dezember wollen Sie davon nichts wissen.

An dieser Stelle möchte ich der Verwaltung für ihre konstruktive Position danken. Sie haben sich darauf eingelassen, mit der Grünen Fraktion um Zielformulierungen zu ringen, und Sie haben dabei eigene Vorschläge eingebracht. Es ist mehr als bedauerlich, dass auch diese Bemühungen der Verwaltung von den großen Fraktionen abgelehnt wurden.

So sehen wir Grüne in der Bilanz viel Schatten, aber auch etwas Licht.

Wir Grünen wollen mehr Hecken an Wirtschaftswegen anlegen lassen. Es ist schön, dass der Rat dies befürwortet. Lemgo macht daher weiter mit dem Artenschutz: 2018 hat der Rat ein Glyphosat-Verbot beschlossen, außerdem Vorgaben für ökologische Gärten bei Neubauten. Am ehemaligen Sikawild-Gehege entsteht ein biologisch hochwertiger grüner Waldsaum. Auch im nächsten Jahr wollen wir Grünen in Lemgo hier weiter machen – mehr Alleen, mehr Ackerränder wiederherstellen.

Und die Schulhöfe werden mit bedacht bei der Schulentwicklung. Wir wissen aus Gesprächen, wie wichtig den Schulen die Gestaltung ihrer Außenanlagen ist. Ich freue mich, dass der Rat unseren Antrag unterstützt, mit dem die Schulen bessere Schulhöfe und Gärten bekommen sollen.

Ansonsten hat der Rat ein grundfalsches Signal gesetzt.
Sie geben 100.000 EUR für eine Neuplanung der Bunsenstraße Teil 2 aus.
Sie lassen eine überflüssige und unbezahlbare Straße prüfen. Am Ende wird dann stehen, dass man sie sich weder leisten will noch es rechtfertigen könnte.
Sie haben ein Uralt-Projekt aus der Mottenkiste geholt und wollen tatsächlich eine neue Trasse durch den Süden Lemgos schlagen. Sie bauen dann neben einer Bundesstraße eine parallele Zubringerstraße nach Brake. Für Verkehr, der sich sowieso unten hinter Aldi wieder stauen wird. Was ist das für eine Logik? – Es gibt längst Pläne für eine Entlastung der zwei Anwohnerstraßen. Aber nein, Sie wollen zusätzlich ein weiteres Wohnviertel mit einer Verkehrs-Trasse belasten und die Wohnqualität zerstören. Zu Recht haben sich bereits viele Bürgerinnen und Bürger mit Unterschriften gegen die Straße gewandt.
Wir Grünen lehnen diesen Flächenverbrauch und die Geldverschwendung ab und lehnen den Wirtschaftsplan der SEL daher ab.

Mehr Straßen für mehr Autos? Nein: Nutzen wir lieber die Innovationskraft für die Zukunft. Machen wir uns mit dem Innovation Campus an eine moderne Verkehrsplanung – und zwar nicht für noch mehr Parkhäuser und Parkflächen im Grünen, wie es einige dort vorhaben. Fördern wir besser öffentliche und nicht-motorisierte Verkehre.

Meine Damen und Herren, zum Schluss:
Kommunalpolitik hat eine große Verantwortung – für eine stabile Demokratie, für eine lebenswerte Zukunft der Menschen in unserer Stadt und anderswo.

Wir Grünen haben den Auftrag zur Entwicklung und Steuerung des Haushalts ernst genommen. Dafür hatten wir, im intensiven Austausch mit der Verwaltung, Entwicklungsziele für Kernbereiche formuliert. Wir erkennen an, dass die Verwaltung sich bei den Beratungen kooperativ gezeigt hat und unsere Anliegen mehrheitlich unterstützt. Das ist das Positive.
Auf der anderen Seite hat die Ratsmehrheit nach Gutsherrenart fast alle Anträge der anderen Fraktionen niedergestimmt. Das war ein schlechtes Zeichen für das politische Miteinander hier im Rat. Das kann die Grüne Fraktion nicht gutheißen.

Mit unserem Votum zum Haushalt berücksichtigen wir beide Seiten. Deshalb stimmen wir Grünen beim Haushalt 2019 mehrheitlich mit Nein.

Artikel kommentieren

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Mit der Nutzung dieses Formulars erklären Sie sich mit der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website einverstanden. Weiteres entnehmen Sie bitte der Datenschutzerklärung.