Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren,
Als die Handyalarme schrillten, war alles bereits unter Wasser.
Rafa Catalá, Überlebender aus Riba Roja de Turia in Spanien (Vorort Valencias)
In diesem Vorort Valencias starben viele Menschen beim Hochwasser des 29. Oktober.
Ein Gewerbegebiet für 20.000 Arbeitsplätze wurde überschwemmt.
Der dortige Bürgermeister sagt:
Wir müssen endlich entschlossen den Klimawandel bekämpfen.
(taz, 8.11.2024)
Verantwortung vor Ort für das Ganze
Katastrophen wie in Valencia häufen sich.
Ahrtal, Erdrutsche in Südtirol, Überflutungen in Rom und der Toskana.
In kleinerem Ausmaß heißt es auch in Klüt, an der Passade, am Detmolder Weg immer wieder Land unter.
Diese Katastrophen lassen auch hier den Alarm schrillen.
Nur leider haben manche den Empfang offenbar auf lautlos gestellt.
Meine Damen und Herren, wir müssen jetzt Verantwortung übernehmen für das, was kommt.
Beim Klimaschutz waren die 2010-er Jahre eine verlorene Zeit unter Schwarz-Rot in Berlin.
Seit 2020 haben wir in Lemgo die Klimakatastrophe wieder ernster genommen.
Wir haben das Stadtziel der Klimafolgenanpassung ganz bewusst beschlossen
und stellen uns damit den Folgen der Erderhitzung.
Wir haben unser Klimaschutzkonzept auf das 1,5 Grad-Ziel angepasst.
Klimaneutral bis 2035. Und auf dem Weg dahin ist 2025 für die Energiewende ein Schlüsseljahr.
Dann erstellen die Stadtwerke die Wärmeplanung und den Netzentwicklungsplan.
2025 gehen auch endlich die nächsten Windkraftanlagen in Bau.
Es ist gut, dass wir in Lemgo beim Ausbau der Erneuerbaren endlich auf Kurs kommen.
Auch bei der Fernwärme wurde viel Zeit verloren.
Jetzt läuft der Ausbau, dort wo es machbar ist.
Wir Grünen sagen: Wir müssen in Lemgo fortlaufend unsere Maßnahmen abstimmen und evaluieren.
Die Frage ist doch: Was nützt am effektivsten dem Klimaschutz in Lemgo?
Diese Maßnahmen gilt es dann regelmäßig mit den Zielen abzugleichen.
Was nicht geht: Jetzt in Lemgo den Klimaschutz abzubremsen und die Ziele zu verschieben.
Wir können uns nicht leisten zu trödeln, im Gegenteil: Die Klimakatastrophe gewinnt an Fahrt!
Und die nötigen Schritte müssen alle tun, auch wir vor Ort.
Klar: Gerade beim Verkehr müssen wir noch besser werden.
Deshalb ist es gut, dass Lemgo die Leitziele beim Verkehrsentwicklungsplan beschlossen hat.
Die vielen Bürgeranträge zeigen ein Umdenken: Sicherheit im Verkehr, Entschleunigung, das Miteinander von Fuß, Rad, Kfz sind notwendig.
Dass die FDP dagegen beim Verkehr in die – sorry – „offene Feldschlacht“ gegen Zweiräder und Zweibeiner zieht, ist leider schon Routine.
Ich frage mich, an welcher Kreuzung Sie abgebogen sind – auf jeden Fall führt es in eine Sackgasse.
Verantwortung übernehmen – für die Demokratie einstehen
Lemgo gemeinsam gestalten – unter diesem Motto haben sich Parteien und Zivilgesellschaft vereint.
Zwei Großveranstaltungen gab es in diesem Jahr.
Die Menschen wollen nicht hinnehmen, dass aus der Mitte der Gesellschaft die Demokratie zerstört wird.
Und was Anfang 2024 noch Gegenstand eines Geheimtreffens war, steht heute ganz offen im Wahlprogramm der AfD in Bayern.
Nur ein Wort dabei an die Kollegen der AfD. Sie haben im Februar bei der Resolution zur Demokratiegefährdung erklärt, ich zitiere, sich den „Schuh nicht anziehen“ zu wollen.
Leider trägt Ihre Partei diese Schuhe längst an den Füßen, es sind sogar ausgewachsene Springerstiefel!
Eines ist klar: Die Demokratie erhält sich nicht von allein.
Für die Demokratie müssen wir werben, mit Menschen solidarisch sein.
Verantwortung für die Jugend
Und damit bin ich bei der Bildung und der Verantwortung für die Jugend.
Wir Grünen haben beim Haushalt einen Kinder- und Jugendbeirat beantragt.
Kinder und Jugendliche müssen Selbstwirksamkeit spüren.
Mitreden. Das ist nicht nur eine wichtige pädagogische Erkenntnis, sondern eine Übung in Demokratie –
und in der älter werdenden Gesellschaft einfach auch Generationengerechtigkeit!
Leider haben uns CDU und SPD hier nicht folgen wollen.
Wir Grünen bleiben dabei:
Wir müssen Formaten wie dem Jugendforum mehr Gewicht und Wirkung verleihen.
Für die Grundschulen stehen viele Investitionen an.
Wir Grünen haben 2024 den Architekturwettbewerb für die OGS beantragt.
Gut, dass er jetzt startet!
Es ist gut, dass wir dort auch beste Bedingungen für das Gemeinsame Lernen schaffen.
Wir sehen gerade, dass der Bedarf an unseren Grundschulen wächst.
Bei den weiterführenden Schulen freue ich mich, dass wir in Lemgo hier an einem Strang ziehen.
Beim Umbau der Wallschule braucht es eine gute Lösung für Gymnasien und die Musikschule.
Eines möchte ich betonen: Beim EKG müssen wir die Sorgen der Eltern und Beschäftigten wegen der Schadstoffe ernst nehmen.
Wegducken hilft nicht. Nötige Sanierungen müssen stattfinden.
Zu guten Schulen gehören übrigens auch sichere Schulwege.
Nun existiert das Landesmodell der Schulstraßen zur Verkehrsberuhigung.
Wir Grünen möchten, dass Lemgo diese und andere Möglichkeiten prüft und nutzt.
Und dann braucht es natürlich ein kostenloses Schülerticket für alle!
2022 hatten wir das Schülerticket für alle beschlossen.
Ein wichtiger Schritt, um mehr Kinder in den Bus und Bahn zu bringen.
Denn wir wissen: Attraktive Angebote stärken den ÖPNV.
Nun haben Bürgermeister, CDU, BfL, FDP und AfD das kostenlose Ticket wieder abgeschafft.
Was haben Sie erreicht?
Unzufriedenheit bei Eltern und Jugendlichen, und Katzenjammer gerade in den Ortsteilen.
Mein Vorschlag: Kehren wir wieder zurück zum Schülerticket für alle.
Im nächsten Schulausschuss ist dafür Gelegenheit!
Verantwortung heißt Miteinander im Kreis
Bei den Schulen verhandelt der Kreis Lippe aktuell über die Berufskollegs.
Und auch wenn wir formal nicht zuständig sind, darf es uns in Lemgo nicht egal sein,
was am Lüttfeld und am Hanseberufskolleg geschieht – oder künftig weniger geschieht.
Politik für Lemgo hört nicht am Rathaus auf!
Genauso muss uns die Zukunft der Technischen Hochschule interessieren.
Eben haben wir über die jüngsten Entwicklungen dort gesprochen.
Finanziell tragen andere am Campus die Hauptlasten.
Aber wie dort oben Leben einkehrt, wie junge Menschen in Lemgo lernen, leben und arbeiten, das ist ein Thema für uns alle.
Deshalb möchten wir Grünen, dass sich der Rat stärker mit der Hochschule befasst.
Zum guten Miteinander gehören lebendige Ortsteile.
Dies zeigt sich beispielhaft in Voßheide:
Mit großem Einsatz von Anwohnern wurde hier erreicht, dass die Passadetalbrücke einen Lärmschutz erhält.
Ich danke Verkehrsminister Oliver Krischer und den zuständigen Landtagsabgeordneten – vor allem aber der engagierten Bevölkerung vor Ort, die uns Ratsleuten Beine gemacht hat.
Und schauen wir nach Kirchheide zum Freibadverein, zum Lüerdisser Heimatverein, nach Lieme, Wahmbeck, und mehr. Überall zeigt sich, dass das Land lebt.
Ein gutes Miteinander mit dem Kreis Lippe braucht es auch beim Klinikum. Beim Klinikum haben viele versagt:
Auch Bürgermeister und Politik haben sich lange Jahre zu wenig interessiert für einen der größten Arbeitgeber.
Und die Diskussion um die Schließung der Unfallchirurgie wurde im Rat zu zaghaft geführt.
Heute haben wir den Salat, und keiner will schuld sein.
Die Weichen für einen großflächigen Umzug nach Detmold sind gestellt.
Wir Lemgoer möchten unseren Gesundheitsstandort erhalten und stärken, doch was heißt das genau?
Kraftmeierische Sprüche in der Presse von Bürgermeistern und Kreisvorsitzenden werden das Vertrauen der Menschen nicht zurückholen.
Der CDU-Minister gibt wohlfeile Bekenntnisse ab, aber kein Geld.
Wenn Herr Laumann aber keine Mittel liefert, wird es schwer mit dem Standort Lemgo.
Aus meiner Sicht braucht es in Lemgo dringend eine Task Force zur Gesundheit.
Wir haben als Politik zu lange zugeschaut.
Wir dürfen uns nicht länger hintanstellen.
Das ist auch ein Auftrag an den Bürgermeister.
Wie wollen Sie konkret den Gesundheitsstandort stärken?
Und wie wollen Sie künftig die Politik beteiligen?
Einfach eine Resolution vorlegen, wie geschehen, die die Politik nur noch abnicken soll, wird nicht reichen.
Die Herausforderungen sind groß und wir müssen besser werden.
Die Verwaltungsspitze muss sich etwas überlegen – bloßes Verwalten reicht schon lange nicht mehr.
Was ist Ihre Strategie?
Wie wollen Sie wieder vernünftig mit dem Kreis kommunizieren?
Der Crash-Kurs bei der Kreisumlage hat viel Porzellan zerbrochen.
Einsparungen können am Ende auch auf Lemgo zurückfallen.
Wo wollen Sie hin mit Lemgo?
Wie wollen Sie den Bildungsstandort am Campus erhalten?
Wie stehen Sie zu den verbalen Angriffen der CDU auf die Klimaziele?
Was sind Ihre Konzepte für die Innenstadt?
Bisher hören wir dazu wenig von Ihnen.
Das wird nicht reichen, um den Standort Lemgo nachhaltig zu stärken.
Verantwortung – auch bei den Finanzen
Jahr für Jahr werden wir zum Sparen angehalten.
Das ist das gute Recht des Kämmerers.
Auf der anderen Seite liegen wir auch 2024 wieder einmal deutlich besser, glatte 5 Mio.
Das beweist, dass Lemgos Politik verantwortlich handelt.
Dennoch dürfen wir uns nicht in Sicherheit wiegen.
Und ohne Verzicht wird es angesichts der multiplen Krisen nicht gehen.
Wir Grünen haben dieses Jahr auf eigene kostspielige Anträge verzichtet.
Wir freuen uns, dass wir mit den Anträgen für Ladebordsteine und Gartenumbau weitere Akzente setzen konnten – für modernen Verkehr und die dringende Stadtbegrünung.
Liebe Anwesende,
natürlich gibt es im aktuellen Haushalt Dinge, die wir Grünen für entbehrlich halten, Stichwort Begabalkon.
Insgesamt sehen wir im Doppelhaushalt viele wichtige Vorhaben, zum Teil mit klarer grüner Handschrift.
- Das Klimaschutzkonzept,
- die Konzepte für Artenschutz, Stadtgrün und Biotopvernetzung,
- der PV-Ausbau der städtischen Gebäude,
- das Mobilitätskonzept,
- die neuen Wohngebiete,
- nachhaltige Gewerbegebiete;
- nicht zu vergessen die OGS-Planung und
- der Pakt für den Sport…
All dies gilt es umzusetzen.
Deshalb stimmen wir Grünen dem Haushalt 2025/26 zu.
Eines möchte ich aber betonen:
Die Beratungen zum Haushalt 2025 waren kein Ruhmesblatt.
Die Verwaltung hatte es nicht geschafft, rechtzeitig zu allen Anträgen Stellung zu nehmen.
Eine inhaltliche Beratung in den Fachausschüssen war unmöglich.
Die Politik musste im Schweinsgalopp über Mega-Themen wie Grundsteuer, CUIG oder Gebäudesanierung zu entscheiden.
So darf es nicht weitergehen.
Kommunalpolitik im Ehrenamt verzwergt sich unter dem immensen Zeitdruck von wenigen Wochen, ja Tagen.
Der neue Rat und der künftige Bürgermeister müssen hier dringend umdenken.
Wir brauchen bei den Haushaltsberatungen neue Spielregeln.
Abschließend danke ich allen Mitarbeiter:innen der Verwaltung und der Verwaltungsspitze für ihre und eure kollegiale Zusammenarbeit in den vergangenen 4 Jahren.
Denn ja, es ist schon die letzte Haushaltsrede dieser Wahlperiode.
Ich danke auch den Bündnispartnern von SPD und BFL für die gute Zusammenarbeit bei vielen gemeinsamen Projekten.
Und dem ganzen Rat danke ich für den in der Regel fairen Umgang miteinander.
Ein letzter Gedanke:
Am 23. Februar ist Bundestagswahl.
Eine Richtungsentscheidung.
In Valencia und ganz Spanien denkt man am 23. Februar an etwas anderes.
Am 23.2.1981 fand der letzte Militär-Putschversuch des faschistischen Spaniens statt,
mit der grotesken Parlamentsbesetzung durch Leutnant Tejero.
In diesen Tagen ist die Erinnerung wieder aktuell:
Gerade seit der Katastrophe von Valencia vor 6 Wochen machen auch extrem rechte Politiker mit der Not der Menschen erfolgreich Propaganda.
Und am 24. Februar jährt sich Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine zum 3. Mal.
Ein deutlicher Anlass, den deutschen Gefolgsleuten des Putinregimes ein klares Nein zu erteilen.
Stehen wir stattdessen den geflüchteten Menschen hier in Lemgo und ihren Landsleuten in der Ukraine bei.
Bleiben wir dabei, auch im Wahlkampf 2025:
Lemgo ist solidarisch mit Menschen in der Not.
Lemgo hält zusammen.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Ihnen allen einen guten Jahreswechsel.