Zum Scheitern der Hartz IV Verhandlungen erklärt MdB Ute Koczy:
Gestern Nacht hat Schwarz-Gelb das Verhandeln
aufgegeben und jetzt verdreht die Regierung die Tatsachen. In dem Paket,
das als Vermittlungsvorschlag vorgelegt wurde, versteckt sich soziale
Kälte in den zentralen Fragen. Wir konnten und werden keinen Regelsätzen
zustimmen, die nach unserer Überzeugung nicht verfassungskonform
berechnet sind.
Mit dem Versuch, die Finanzsituation der Kommunen
gegen einzelne Menschen auszuspielen, hat die Koalition ein
durchsichtiges Erpressungsmanöver versucht. Doch wir sind nicht bereit,
die Interessen der Gemeinden gegen die der Hartz-IV-Empfängerinnen und
Empfänger konkurrieren zu lassen.
Zur Frage der Regelsätze und der angeblichen
kommunalen Entlastungen bei Hartz IV erklärt MdB Markus Kurth,
sozialpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag:
Leidtragende des Scheiterns der Verhandlungen sind
alle Arbeitslosen und deren Familien. Sie haben seit Beginn des Jahres
einen Anspruch auf Bildungsleistungen und gesellschaftliche Teilhabe.
Wir müssen schnellst möglich eine Lösung finden, die den Bedürfnissen
der Betroffenen gerecht wird.
Eine solche Lösung gibt es aber nicht um jeden
Preis. Wir Grüne haben ernsthafte Zweifel, dass das vorgelegte Angebot
nicht mit dem Grundgesetz und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts
im Einklang steht. Von unserer ursprünglichen Forderung haben wir
erhebliche Abstriche gemacht. Wenn man auf sämtliche Rechenkniffe
verzichtete, müsste der Regelsatz deutlich über 400 Euro liegen. Bündnis
90/Die Grünen sind der Bundesregierung bis an die Grenze des
Belastbaren entgegengekommen und haben zuletzt nur eine Korrektur der
gröbsten Berechnungsfehler verlangt. Wir können es schließlich nicht
zulassen, ein zweites Mal vor dem Bundesverfassungsgericht zu landen.
Angela Merkel hat nicht die Verhandlungen, sondern
deren Scheitern zur Chefsache gemacht. Lobbyinteressen bei der
Zeitarbeit, Landtagswahlen und der Koalitionsfrieden waren ihr am Ende
wichtiger als eine Verhandlungslösung.
Wahr ist: Am Freitag wird im Bundesrat keineswegs
über eine kommunale Entlastung abgestimmt. Die Übernahme der Kosten der
Grundsicherung im Alter durch den Bund muss durch ein eigenständiges
Gesetzgebungsverfahren geregelt werden. Dessen genaue Umrisse sind alles
andere als klar erkennbar: So bleibt unklar, ob die Bundesregierung
gerade auf Druck der FDP nicht doch Zugeständnisse an anderer Stelle –
etwa die Schwächung der Gewerbesteuer – verlangen wird.
Abgesehen davon hat die finanzielle Entlastung mit
dem eigentlichen Gegenstand, dem Regelsatz für ALG II-Beziehende,
überhaupt nichts zu tun. In den Verhandlungen haben sich die
Abgeordneten von Grünen und SPD sehr sorgfältig mit den Vorgaben des
Verfassungsgerichts auseinandergesetzt und sind bei der Kompromisssuche
bis an die Grenzen des verfassungsrechtlich Vertretbaren gegangen. Wenn
nun traurigerweise kein Ergebnis vorliegt, so ist dies weder auf
machttaktische Spielchen noch auf Maximalforderungen von Rot-Grün
zurückzuführen, sondern auf die ideologische Blockade von Schwarz-Gelb.