FDP zeigt keine Kompetenz bei Klimaschutz

Zum Zeitungsbericht über das Dreikönigstreffen in der Lippischen Landeszeitung

Dass die FDP keine Kompetenz bei Klimaschutz zeigen will, bewies sie einmal mehr bei ihrem Dreikönigstreffen in Lemgo. Die Zitate im Pressebericht entsprechen nicht wissenschaftlich belegbaren Erkenntnissen. Nostalgische Träumerei zeigt wenig Interesse an der aktuellen Situation und Zukunftsdenken.

Die über der Veranstaltung stehende Fragestellung „Hat individuelle Mobilität eine Zukunft?“ wird in dem Bericht nicht beantwortet. Gern geben wir darauf später eine Antwort.

Zunächst analysieren wir hier die erwähnten Behauptungen.

„Das Auto als Motor des Wirtschaftswunders …“

Der Titel des Vortrags von Carl Christian Jancke ist ein Reise in die Vergangenheit. Denn das Wirtschaftswunder ist ein Geschehen der Fünfziger- und Sechzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts. Und das Wirtschaftswunder der frühen Industrialisierung war durch die Erfindung der Dampfmaschine im Jahre 1776. Aber sollte nicht auch die FDP mittlerweile im 21. Jahrhundert angekommen sein?

„… und Antrieb der sozialen Marktwirtschaft“

Die soziale Marktwirtschaft ist ein Wirtschaftssystem. Ander Wirtschaftssysteme sind z. B. die freie Marktwirtschaft (u. a. in den USA) oder der Sozialismus (China). Antrieb eines Wirtschaftssystems sind Bedürfnisse, z. B. Appetit, die Lust auf Genuss (oder aber auch Lethargie/Faulheit). Daraus entsteht Bedarf, also konkretes Verlangen. Der Nachfrager versucht nun für seinen Bedarf am Markt ein passendes Angebot zu finden. Diese Nachfrage ist der Antrieb der Marktwirtschaft. Die soziale Komponente sind Rahmenbedingungen, die durch Gesetze geschaffen werden (z.B. Sozialversicherungspflicht).

Das Wirtschaftswunder ging mit der Entwicklung und Vermarktung deutscher Automobile einher. Wären in der Wirtschaftswunderzeit jedoch bereits andere Antriebstechniken marktreif gewesen, hätte der wirtschaftliche Aufschwung auch damit gelingen können.

CO2-Emissionen von Elektroautos

Die Aussage, das auch Elektroautos ein Kohlendioxid-Fußabdruck anhängt, ist richtig. Dieser ist jedoch weit geringer als der von Fahrzeugen mit Fossil-Kraftstoffantrieb. Im laufenden Betrieb gehen die Emissionen gegen Null, wenn die Fahrzeuge mit regenerativem Strom geladen werden. Für fossile Brennstoffe entstehen unverhältnismäßig größere Emissionen bei der Gewinnung, Transport bis in das Fahrzeug sowie beim Fahren. Außerdem sind Verbrennungsmotoren wesentlich ineffizienter als Elektromotoren.

Auch die Herangehensweise zeigt, dass FDP keine Kompetenz bei Klimaschutz ist. Mobilität bedeutet gerade in Hinsicht auf den Klimaschutz, von gewohnten Denkstrukturen abzuweichen. Janke überlegt aber nur die 1:1-Umsetzung von Individualverkehr. Ein fossil betriebenes Auto gegen ein Elektrofahrzeug austauschen. Reichweite muss gleich bleiben. Langstrecke mit Bahn? Ausgeschlossen.
Doch selbst da liegt er falsch. Moderne E-Autos erreichen durchaus Reichweiten von über 250 km, bei Luxusfahrzeugen bis über 600 km.

Mangel an Strom ohne Atomkraftwerke

Die Aussage ist falsch.

  1. Derzeit wird ohne die deutschen Atomkraftwerke so viel Strom erzeugt, um den Bedarf einschließlich der aktuellen Elektromobilität zu decken. Quelle: Stern
  2. Autos mit Verbrennungsmotoren werden nicht von heute auf morgen durch Elektrofahrzeuge ersetzt. Dies erfolgt sukzessiv (allmählich), wenn die Verbraucher aus Bedarfsgründen über ein neues Fahrzeug nachdenken. Auch die Hersteller könnten gar nicht von heute auf morgen ausreichend Fahrzeuge liefern.

Weitere Quellen: Fraunhofer Institut für solare Energiesysteme ISE, Edison Magazin und Plattform für smarte Mobilität und vernetztes Leben

Ein Blick auf die heutigen Käufer von Elektrofahrzeugen zeigt die Realität. Wer aus Überzeugung ein Elektroauto kauft, besitzt bereits eine Photovoltaikanlage oder spielt mit dem Gedanken, seinem Haus eine zu spendieren, wenn sie/er/* ein eigenes hat. Je mehr Menschen elektrisch unterwegs sind, umso mehr PV-Anlagen werden auch installiert. Und damit steigt der Anteil der regenerativen Stromerzeugung. Die Erzeugung von Atomstrom bleibt jedoch unbetroffen oder sinkt gar durch dieses Szenario.

Relevanz des Flugverkehrs

Mit der Aussage, der Flugverkehr sei beim Thema Klimaschutz irrelevant, liefert Jancke dann vollends Fake News.

Gerade großer Höhe tragen Emissionen klimarelevanter Schadstoffe zum Klimawandel bei. CO2 beispielsweise hat dort die dreifache Wirkung. Stickoxide verstärken die Bildung von Ozon. Sogar der ausgestoßene Wasserdampf reflektiert die Wärmestrahlung zurück zum Boden. Ebenfalls zur Reflexion der Wärmestrahlung tragen ausgestoßene Partikel (z. B. Ruß) bei. Der Luftverkehr trägt zu etwa 4 – 5 % zur globalen Erwärmung bei. Der auf CO2 umgerechnete Beitrag zum Klimawandel beträgt das Fünffache gegenüber Reisebus und Bahn. Quelle: Wikipedia, Umweltbundesamt,

In Deutschland verursachte der zivile Luftverkehr im Jahr 2017 rund 31,2 Mio. t CO212, wovon ca. 2,1 Mio. t auf Inlandsflüge

[…]Im Vergleich mit dem Auto liegen die Treibhausgasemissionen des Luft- verkehrs um 45 % […], gegenüber der Bahn und dem Reisebus sogar um mehr als 450 % höher[…]

Umweltbundesamt

Hinsichtlich der Klimafreundlichkeit schneidet das Flugzeug im Vergleich mit anderen Verkehrsmitteln also besonders schlecht ab – nach Berechnungen des UBA liegen die Emissionen pro Person und Flugkilometer im Durchschnitt bei mindestens 196 Gramm CO2, der Fernverkehrszug verursacht dagegen nach Angaben der Deutschen Bahn nur elf Gramm CO2 pro Person und Kilometer. Anders ausgedrückt: Die Fahrt mit dem Zug ist mindestens 18 Mal klimafreundlicher.

Deutsche Welle

Auch Carl Christian Jancke ist offensichtlich der Ansicht, dass die Mitglieder der FDP keine Kompetenz bei Klimaschutz besitzen und mit den Möglichkeiten der Gesetzgebung nicht vertraut sind. Seine steile These, Grenzwerte beträfen Flüge ins Ausland nicht, belegte der Zeitungsartikel nicht. Wieso sollten keine Start- und Landeverbote festgelegt werden können, wenn Grenzwerte überschritten werden?

Gibt es bei der FDP keine Kompetenz bei Klimaschutz?

Wenn Jancke der Meinung ist, „Grenzwerte sind eine sozialistische Planungsmethode“, so bleibt er dennoch die Antwort auf die in unseren Zeiten elementar wichtigste Frage schuldig: Wie sollen ohne (sukzessiv sinkende) Grenzwerte Klimaschutzziele zuverlässig erreicht werden? Robert Adrians Äußerung „Das ganze Thema ist moralisch überladen“ zeigt einmal mehr, woran es oft in der FDP mangelt: Moral.

Gern geben wir zum Schluss noch drei Antworten auf die eingangs erwähnte Frage. Individuelle Mobilität hat dann eine Zukunft, wenn sie klimaverträglich ist. Individuelle Mobilität hat dann eine Zukunft, wenn sie auf Situationen begrenzt ist, bei denen gemeinschaftliche Mobilität nicht möglich ist. Individuelle Mobilität in ihrer jetzigen Form hat keine Zukunft, Mobilität muss nicht nur neu gedacht, sondern auch dringend neu gemacht werden: Verkehrsströme müssen gebündelt und in öffentliche Hand gelegt werden. Das spart langfristig nicht nur Schadstoff-Ausstoß, sondern den Verkehrsteilnehmern auch Stress und Kosten.
Wir bringen schon heute klimafreundlichen Individualverkehr nach vorn.
Wir denken über neue Möglichkeiten nach.
Wir werden uns auch in Zukunft dafür einsetzen, dass umweltfreundliche Mobilität Vorrang hat.

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